Neuer Pass für Russen-Babys
Russinnen fliehen nach Argentinien, um zu gebären

Argentinien erlebt einen regelrechten Geburten-Boom. Tausende Russinnen sind seit dem Ukraine-Krieg geflüchtet, um ihr Kind im südamerikanischen Land zur Welt zu bringen. Der Grund: Die Kinder sollen den argentinischen Pass erhalten.
Publiziert: 04.01.2023 um 17:59 Uhr
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Aktualisiert: 04.01.2023 um 18:44 Uhr
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Seit Putins Einmarsch in die Ukraine sind tausende Russinen geflüchtet.
Foto: Twitter
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Carla De-VizziRedaktorin News

Geburten-Boom in Argentinien! Wie «The Guardian» berichtet, erlebt das südamerikanische Land aktuell einen regelrechten Geburtstourismus. Aber nicht, weil die Argentinier gerade so viele Kinder bekommen. Es sind Russen, die ins Land kommen, um dort zu gebären. Und zwar, damit ihre Kinder die argentinische Staatsbürgerschaft erhalten.

Aber warum? Wie Eva Pekurova, Inhaberin einer Agentur, die Russinnen hilft, im Ausland zu entbinden, der Zeitung erklärt, benötigen russische Staatsbürger kein Visum, um nach Argentinien einzureisen. «Buenos Aires ist im Moment deshalb sehr gefragt. Es ist das einzige Ziel, mit dem wir derzeit arbeiten», so Pekurova.

Zudem verfolgt Argentinien eine liberale Migrationspolitik: Wer hier auf die Welt kommt, kriegt automatisch den Pass – so auch die Russen-Babys. Der Agentur-Inhaberin zufolge können argentinische Staatsbürger kurzfristig und ohne Visum in 171 Länder, darunter die EU, das Vereinigte Königreich und Japan einreisen. Zudem sei auch das Beantragen eines langfristigen Visums «nicht sehr schwierig».

Zum Vergleich: Vor dem Krieg war es Russen nur gewährt, in zirka 80 Ländern ohne Visum einzureisen. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine wurde das Unterfangen keineswegs leichter. Zahlreiche europäische Länder verwehrten russischen Staatsbürger die Einreise entweder ganz oder machten sie praktisch unmöglich.

«Vor mir warteten mindestens acht schwangere russische Frauen»

Auch Polina Tscherepowizkaja aus Moskau hat sich deshalb für den Ausweg «Argentinien» entschieden. «Ein argentinischer Reisepass wird meinem Kind viele Türen öffnen», sagt sie zur britischen Tageszeitung. Kurz nachdem Putins Truppen in der Ukraine einmarschiert seien, habe sie von ihrer Schwangerschaft erfahren. Schnell war ihr klar: Sie muss hier weg – und zwar noch vor der Geburt ihres Kindes.

Letzten Dezember war es dann so weit. Als sie dann auf der Entbindungsstation eines Spitals in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires eintraf, hörte sie plötzlich den heimischen Klang der russischen Sprache. «Es war verrückt, vor mir warteten mindestens acht schwangere russische Frauen.»

«Wir sind bereits bis Mai 2023 ausgebucht»

Tscherepowizkaja ist alles andere als ein Einzelfall. Dem «Guardian» zufolge sollen im vergangenen Jahr Hunderte Frauen nach Argentinien gereist sein, um dort zu entbinden. Gemäss Georgy Polin, Leiter der Konsularabteilung der russischen Botschaft in Argentinien, waren es im 2022 zwischen 2000 und 2500 Russen, die nach Argentinien gezogen sind. Unter ihnen viele schwangere Frauen, die ihr Kind im Land zur Welt bringen wollten. Dass die Zahl der Einwanderer abnehme, glaubt Polin nicht. Künftig sollen es gar noch mehr werden: «Im Jahr 2023 kann diese Zahl auf 10'000 anwachsen.»

Kirill Makoveev, der die Agentur Baby.RuArgentina ins Leben gerufen hat, kann den Boom im Geburtstourismus bestätigen: Allein seine Firma habe im vergangenen Jahr über hundert russischen Frauen geholfen. Und: «Wir sind bereits bis Mai 2023 ausgebucht.»

Viele von ihnen haben auch nicht die Absicht, das Land wieder so schnell zu verlassen. So auch Tscherepowizkaja und ihr Mann. Wie der «Guardian» weiter schreibt, hätten sie gar im Sinne, ebenfalls die argentinische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Dank ihrer Tochter, die bereits Argentinierin ist, kämen sie gar in den Genuss eines erleichterten Einbürgerungsverfahrens. In weniger als zwei Jahren können Eltern eines in Argentinien geborenen Kindes bereits die argentinische Staatsbürgerschaft beantragen.

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