153'000 Demenzkranke leben aktuell in der Schweiz. Laut «Alzheimer Schweiz» werden jedes Jahr 32'900 Neuerkrankungen verzeichnet. Das heisst: Alle 16 Minuten erkrankt jemand neu an Alzheimer.
Ein Heilmittel gegen Demenz gibt es bislang nicht. Aktuelle Präparate können lediglich das Fortschreiten der Symptome der Krankheit wie nachlassende geistige Leistungsfähigkeit verlangsamen.
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Nun könnte Forscherinnen und Forschern der Technischen Universität im deutschen München allerdings ein Durchbruch gelungen sein. Sie haben einen erfolgversprechenden, vorbeugenden Therapieansatz entwickelt.
Der von den Wissenschaftlern entwickelte Proteinwirkstoff setzt am schädlichen Amyloid-Beta Biomolekül an, welches die für Alzheimer im Anfangsstadium typische Hyperaktivität von Nervenzellen auslöst. Mit dem Proteinwirkstoff, der den Namen Anticalin H1GA trägt, kann das Molekül unterdrückt werden.
Ergebnisse haben einen Haken
Ihre Studie veröffentlichte das Team im renommierten Fachjournal «Nature Communications». Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Fortschreiten der schwerwiegenden neurodegenerativen Erkrankung im Frühstadium aufgehalten werden kann.
Doch das ist noch nicht alles: Womöglich könnte Anticalin H1GA neuronale Fehlfunktionen sogar wieder reparieren. Die Alzheimer-Erkrankung würde gewissermassen zurückgedreht.
Einen Haken hat die Studie allerdings: Die Versuche wurden an Mäusen durchgeführt. Ob der Wirkstoff beim Menschen ebenfalls so gut wirkt, muss sich noch zeigen.
2016 floppte ein anderer Wirkstoff
2016 hatte sich der Wirkstoff Solanezumab in einem Grossversuch als Fehlschlag erwiesen. Solanezumab war eine ähnliche Wirkung wie Anticalin H1GA nachgesagt worden.
Benedikt Zott, der massgeblich an der Entwicklung von Anticalin H1GA beteiligt war, betont: «Noch sind wir von einer bei Menschen anwendbaren Therapie ein grosses Stück entfernt, aber die Ergebnisse im Tierversuch sind sehr ermutigend.»
Gewonnen wird das Anticalin H1GA in gentechnisch veränderten Kolibakterien. Den Mäusen wurde das Mittel direkt in den Hippocampus gespritzt. Der Hippocampus ist vor allem an der Gedächtnisbildung beteiligt. Die zuvor hyperaktiven Gehirnzellen liessen sich anschliessend nicht mehr von gesunden Nervenzellen unterscheiden.
Zott und sein Team haben im Rahmen ihrer Arbeit Solanezumab und ihren neuen Wirkstoff miteinander verglichen. Dabei konnte Anticalin H1GA mit deutlich positiveren Effekten überzeugen. Im nächsten Schritt soll ein Medikament entwickelt werden, das nicht direkt ins Hirn gespritzt werden muss.