Neue Details zu Schock-Prozess
Das unheimliche Familienglück hinter dem Vergewaltigungs-Horror

Jahrelang wurde Gisèle P. von ihrem Mann unter Drogen gesetzt und von fremden Männern vergewaltigt. Per Zufall flog der Horror auf. Vor Gericht berichtet die Tochter über ein auf den ersten Blick harmonisches Familienleben.
Publiziert: 11.09.2024 um 15:54 Uhr
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Gisèle P. forderte eine öffentliche Verhandlung, um die Taten offenzulegen.
Foto: AFP

Auf einen Blick

  • Dominique P. vergewaltigte jahrelang seine Frau
  • Ermittler fanden fast 4000 Fotos und Videos
  • 200 Vergewaltigungen von Gisèle P. zwischen 2011 und 2020
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Das Familienglück von Gisèle P.* und ihrem Mann Dominique P.* (71) aus Avignon in Frankreich schien perfekt. Keine häusliche Gewalt, keine grossen Streitigkeiten. Nur Liebe und Harmonie. Er ging Boule spielen, fuhr mit seinem Rennrad.

Bis zuletzt versuchte Dominique P., die Fassade aufrechtzuerhalten. Kurz vor seiner Verhaftung schrieb er noch seinem Schwiegersohn, dass er mit seinem Enkel gerne einige Strecken der Tour de France abfahren würde. Doch dazu kam es nie. 

«Ich hasse dich. Warst du schon immer durchgeknallt?»

P. hatte seine Frau jahrelang unter Drogen gesetzt. Zuerst wurde sie mit Schlafmitteln betäubt und anschliessend vergewaltigt. Von P., aber auch von fremden Männern, die er im Internet kennengelernt hatte. Ein Schock – für alle. «Ich hasse dich. Warst du schon immer durchgeknallt? Und wir hätten nichts gesehen? Kann uns ein Vater fehlen? Aber wer bist du wirklich?», fragt sich die Tochter Caroline P.* (45) vor Gericht.

Aktuell wird dem Senior der Prozess gemacht. Die Verhandlung soll bis zum 20. Dezember dauern. 

«Eine Terrasse, ein Sommer, eine Familie»

Erst im November 2020 war der Vergewaltigungshorror aufgeflogen, nachdem Dominique P. ins Visier der Justiz geraten war, weil er in einem Einkaufszentrum Frauen unter den Rock gefilmt hatte. Die Ermittler stiessen bei Durchsuchungen dann auf die Fotos und Videos. Darunter auch Nacktbilder von Tochter Caroline. Für sie ist klar: Ihr Vater ist «einer der schlimmsten Sexualstraftäter der vergangenen 20 Jahre».

Dabei beschrieb sie auch die zunächst harmonische Zeit als Familie. Sie erinnerte sich zum Beispiel an Ferien in ihrem kleinen Häuschen in Südfrankreich. Gemeinsame Abendessen auf der Terrasse, Tanzwettbewerbe und lustige Spiele-Abende. «Eine Terrasse, ein Sommer, eine Familie», so Caroline P. beim Prozess.

«Feuerwehrmann Chris», «schwarzer David»

In ihren Erinnerungen war ihr Vater oft am Computer. Oft bis spät in die Nacht. Seine Augen hätten förmlich am Bildschirm geklebt. Damals dachte sie sich nichts dabei. Doch jetzt weiss die 45-Jährige: Ihr Vater suchte nach Männern, die Gisèle P. missbrauchen wollen. Die Täter fand der Franzose in Chatrooms. 

Die Ermittler fanden bei Dominique P. fast 4000 Fotos und Videos, die er unter anderem auf einer Festplatte in einem Ordner namens «Missbrauch» gespeichert hatte. Für viele der mutmasslichen Vergewaltiger, die er in Internetforen kontaktierte, legte er Unterordner mit deren Pseudonymen an, etwa «Feuerwehrmann Chris», «Motorradfahrer» oder «schwarzer David».

Insgesamt wurden 200 Vergewaltigungen von Gisèle P. zwischen 2011 und 2020 ermittelt. Die meisten beging ihr Ehemann, in 92 Fällen waren es andere Männer. Neben Dominique P. müssen sich 50 weitere Männer vor Gericht verantworten. Sie riskieren Haftstrafen von bis zu 20 Jahren. Sie sind zwischen 26 und 74 Jahre alt und haben nach Ansicht von psychologischen Experten bei den Vergewaltigungen der bewusstlosen Frau Allmachtsfantasien ausgelebt.

* Namen bekannt 


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