Nato und Russland überziehen sich wegen möglicher Ukraine-Invasion mit Vorwürfen
Der Krieg um die Wahrheit tobt bereits

Grossbritannien wirft Russland vor, in der Ukraine ein Komplott zu planen, um eine Marionettenregierung einsetzen zu können. Aber sogar britische Medien zweifeln an der Stichhaltigkeit der Vorwürfe.
Publiziert: 24.01.2022 um 10:14 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2022 um 10:52 Uhr
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Der russische Präsident Wladimir Putin steht mit über 100'000 Soldaten an der ukrainischen Grenze.
Foto: keystone-sda.ch
Michael Sahli

Bis jetzt schweigen die Waffen an der Grenze zwischen der Ukraine und Russland. Aber der Propagandakrieg zwischen West und Ost läuft auf Hochtouren. So beteuert der russische Präsident Wladimir Putin (69) jeden Tag friedliche Absichten – nur um danach noch lauter mit dem Säbel zu rasseln.

Auch die Nato kämpft um die öffentliche Meinung. Und machte den Russen am Wochenende schwere Vorwürfe. Am Samstag warf die britische Regierung dem Putin-Regime vor, mit einem Komplott die Macht in der ganzen Ukraine übernehmen zu wollen. Dazu soll es sogar schon einen geheimen Plan geben. In einer Mitteilung des Aussenministeriums heisst es: «Uns liegen Informationen vor, die darauf hindeuten, dass die russische Regierung versucht, in Kiew eine prorussische Führung zu etablieren, während sie erwägt, ob sie in die Ukraine einmarschieren und sie besetzen soll.» Auf Twitter sprach Aussenministerin Liz Truss (46) von einem «Komplott des Kremls».

Russen dementieren Komplott-Pläne

Details, wie der russische Plan aussehen soll, gibt es keine – dafür die Namen hochrangiger ukrainischer Ex-Politiker, die mit Russland unter einer Decke stecken sollen. Sogar wer nach der befürchteten Machtübernahme durch eine prorussische Führung der neue starke Mann in der Ukraine werden soll, wird benannt: der frühere ukrainische Abgeordnete Jewgenij Murajew (45), ein prorussischer Medienunternehmer. Ebenfalls auf der Verräterliste: Sergei Arbusow (45), Vize-Regierungschef von 2012 bis 2014, Andrij Klujew (57), ehemaliger Leiter des Präsidialamts, sowie Mykola Asarow (74), Ministerpräsident der Ukraine von 2010 bis 2014.

Grossbritannien zieht Mitarbeiter aus Botschaft in der Ukraine ab

Wegen der sich zuspitzenden Lage zwischen Russland und der Ukraine zieht auch Grossbritannien Mitarbeiter aus seiner Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ab.

Als Reaktion auf die wachsende Bedrohung durch Russland würden einige Beschäftigte und Angehörige aus der Botschaft zurückgerufen, teilte das Aussenministerium in London am Montagmorgen mit.

Zuvor hatte bereits die US-Regierung angesichts der zunehmenden Spannungen angekündigt, ihre Botschaftspräsenz in Kiew zu verringern. Familienangehörige von Diplomatinnen und Diplomaten wurden aufgefordert, die Ukraine zu verlassen. Kiew kritisierte dies als «übertriebene Vorsicht».

Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Grenze zur Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Moskau weist dies zurück und verlangt von der USA und Nato Sicherheitsgarantien.

Wegen der sich zuspitzenden Lage zwischen Russland und der Ukraine zieht auch Grossbritannien Mitarbeiter aus seiner Botschaft in der ukrainischen Hauptstadt Kiew ab.

Als Reaktion auf die wachsende Bedrohung durch Russland würden einige Beschäftigte und Angehörige aus der Botschaft zurückgerufen, teilte das Aussenministerium in London am Montagmorgen mit.

Zuvor hatte bereits die US-Regierung angesichts der zunehmenden Spannungen angekündigt, ihre Botschaftspräsenz in Kiew zu verringern. Familienangehörige von Diplomatinnen und Diplomaten wurden aufgefordert, die Ukraine zu verlassen. Kiew kritisierte dies als «übertriebene Vorsicht».

Angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarsches in der Nähe der Grenze zur Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarland planen könnte. Moskau weist dies zurück und verlangt von der USA und Nato Sicherheitsgarantien.

Die Reaktion der Russen war harsch. Eine Quelle innerhalb des russischen Aussenministeriums sprach von einer «Desinformationskampagne» der Briten. Und liess sich mit dem Satz zitieren, dass eben «gerade die Nato-Länder, angeführt von den Angelsachsen, eine Verschärfung der Lage rund um die Ukraine betreiben». Jewgenij Murajew, der von den Briten als möglicher Statthalter Putins in der Ukraine betitelt wurde, lachte in einem Interview über die Vorwürfe: Er stehe selber auf der Sanktionsliste der Russen, sagte er in einem Interview. Und: Das britische Aussenministerium scheine «durcheinander» zu sein.

«Verwirrung» um Vorwürfe

Aber auch in London selber gibt es Fragezeichen zum vermeintlichen Russenkomplott. Der «Guardian» schreibt von einer «Verwirrung» um die Vorwürfe der eigenen Regierung. Kritisiert wird, dass das britische Aussenministerium keinerlei Details zum Plan der angeblichen Verschwörer publizierte. Auch wie eine komplette Machtübernahme ohne militärische Eroberung Kiews überhaupt möglich sein soll, bleibe offen. Und: Vier der fünf von den Briten namentlich erwähnten ukrainischen Verschwörer leben ohnehin im Exil in Moskau. Ihre engen Verbindungen zu Putin seien denn auch «public record», also allgemein bekannt – und alles andere als ein Geheimnis.

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