Auf einen Blick
Die Entsendung von nordkoreanischen Soldaten ist für den Krieg in der Ukraine nicht nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Laut dem Nato-Generalsekretär Mark Rutte (57) bedeutet der Einsatz für die Russen eine «signifikante Eskalation» und Internationalisierung des grössten Krieges in Europa seit Jahrzehnten.
Vor allem gefährlich wird es dann, wenn Südkorea seine Drohung wahr macht und ebenfalls in den Ukraine-Krieg eingreift, oder wenn die Russen den Nordkoreanern als Gegenleistung Beistand leisten. Experten warnen vor einer Eskalation mit Beteiligung der beiden grössten Armeen der Welt, jener der USA und jener von China.
Inzwischen gehen Beobachter davon aus, dass der nordkoreanische Diktator Kim Jong Un (40) die Russen im Krieg gegen die Ukraine mit rund 10'000 Soldaten unterstützt. Der südkoreanische Geheimdienst identifiziert die Einheiten laut foreignpolicy.com als Spezialkräfte des XI. Korps Nordkoreas. Dieses Korps mit insgesamt 200'000 Mann sei gut ernährt, top ausgebildet, Kim treu ergeben sowie besonders begabt bei Infiltrierungsoperationen.
Nach einer Schulung in russischer Kriegsführung dürften die Söldner ab November an der Front im Einsatz stehen – vermutlich in der Region Kursk, wo die Ukrainer russisches Gebiet erobert haben. Vor vier Monaten hatten sich Moskau und Pjöngjang gegenseitigen Beistand zugesichert, falls ein Land angegriffen würde. Diese strategische Partnerschaft wurde am Donnerstag im russischen Parlament ratifiziert.
Einsatz in Kursk
Für die Ukrainer dürfte es eng werden. Da sie in der Region Kursk schon in Bedrängnis sind, könnten «etwa 10'000 kampfbereite Soldaten einen entscheidenden Unterschied machen», zitiert foreignpolicy.com Rob Lee vom Eurasien Programm des Foreign Policy Research Institute in Pennsylvania. Eine ukrainische Reaktion in Kursk würde eine Schwächung an anderen Frontabschnitten bedeuten, wodurch das kleine nordkoreanische Kontingent zu einem Multiplikator für Putins angeschlagenen Streitkräfte werden könnte.
Kremlchef Wladimir Putin hat Fragen zu den Berichten über Tausende nordkoreanische Soldaten in Russland ausweichend beantwortet, sieht darin aber kein Problem. Russland habe einen Vertrag über eine strategische Partnerschaft mit Nordkorea ratifiziert, sagte der Präsident bei einer Pressekonferenz in Kasan. Darin gebe es einen Passus zur gegenseitigen militärischen Hilfe. «Wir haben nie daran gezweifelt, dass die nordkoreanische Führung unsere Vereinbarungen ernst nimmt. Was und wie wir im Rahmen dieses Artikels tun werden, ist unsere Sache», sagte Putin.
Nötig seien noch Verhandlungen über die Ausgestaltung des Artikels, sagte er. Es bleibe abzuwarten, wie sich das entwickle. Putin reagierte auf die Frage eines US-Journalisten, der auf die Satellitenbilder von nordkoreanischen Truppenverlegungen hinwies. «Die Aufnahmen sind eine ernste Angelegenheit. Wenn es Bilder gibt, dann bedeutet das, dass sie etwas widerspiegeln», sagte Putin. Deutlicher wurde er nicht.
Kremlchef Wladimir Putin hat Fragen zu den Berichten über Tausende nordkoreanische Soldaten in Russland ausweichend beantwortet, sieht darin aber kein Problem. Russland habe einen Vertrag über eine strategische Partnerschaft mit Nordkorea ratifiziert, sagte der Präsident bei einer Pressekonferenz in Kasan. Darin gebe es einen Passus zur gegenseitigen militärischen Hilfe. «Wir haben nie daran gezweifelt, dass die nordkoreanische Führung unsere Vereinbarungen ernst nimmt. Was und wie wir im Rahmen dieses Artikels tun werden, ist unsere Sache», sagte Putin.
Nötig seien noch Verhandlungen über die Ausgestaltung des Artikels, sagte er. Es bleibe abzuwarten, wie sich das entwickle. Putin reagierte auf die Frage eines US-Journalisten, der auf die Satellitenbilder von nordkoreanischen Truppenverlegungen hinwies. «Die Aufnahmen sind eine ernste Angelegenheit. Wenn es Bilder gibt, dann bedeutet das, dass sie etwas widerspiegeln», sagte Putin. Deutlicher wurde er nicht.
Dass Russland auf nordkoreanische Hilfe zurückgreift – auch Raketen und Granaten werden aus Pjöngjang geliefert – bezeichnet US-Verteidigungsminister Lloyd Austin (71) als ein «sehr, sehr ernstes Problem». Was er damit meint? Südkorea überdenkt offenbar seine bisher zurückhaltende Unterstützungspolitik und erwägt erstmals Waffenlieferungen an die Ukraine. Laut der Nachrichtenagentur Reuters wären es Waffen zur Verteidigung. In Betracht ziehe Seoul aber später auch – je nach Aktivität der Nordkoreaner – einen offensiven Einsatz.
Laut Rüdiger Frank, Nordkorea-Experte an der Universität Wien, hat Südkorea ein Interesse daran, «ein gewisses Niveau an Spannungen aufrechtzuerhalten». Und das aus mehreren Gründen, wie Frank gegenüber Blick sagt: Seoul wolle im Schatten der US-Wahlen nicht in Vergessenheit geraten, Südkorea mache «glänzende Geschäfte» mit dem Verkauf von Militärgütern, und zudem liege die Zustimmungsrate des Präsidenten Yoon Suk-yeol (63) mit unter 25 Prozent auf einem Tiefpunkt.
Mit allem rechnen
Eine Konfrontation von Süd- und Nordkoreanern im Ukraine-Krieg könnte Auswirkungen auf die unter Hochspannung stehenden koreanische Halbinsel haben. Denn Pjöngjang wird für die entsendeten Soldaten wohl eine Gegenleistung erhalten. Markus Garlauskas, Direktor der Indo-Pacific Security Initiative des Scowcroft Center und ehemaliger US-Geheimdienstmitarbeiter für Nordkorea, spricht von «Ressourcen, Militärtechnologie und Fähigkeiten, welche die Sicherheitslage auf der koreanischen Halbinsel und im gesamten indopazifischen Raum grundlegend verändern könnten».
Je nachdem, was Moskau anbiete, könnte Kim Jong Un «einen Wendepunkt in seiner Eskalationsberechnung erreichen, der zu einer militärischen Krise oder einem bewaffneten Konflikt auf der Halbinsel führt», hält Garlauskas fest.
Garlauskas schliesst nicht aus, dass es zu einer Eskalation kommt, in die Nordkoreas Wirtschaftspartner China und Südkoreas Verbündete, die USA, involviert werden. Der Experte: «Dies würde den Krieg in der Ukraine indirekt weitaus stärker beeinflussen als das, was nordkoreanische Soldaten selber in den Kampf einbringen.» Und auch Rüdiger Frank sagt gegenüber Blick: «Heute müssen wir mit allem rechnen.»