China hatte mit ernsten Konsequenzen gedroht. Das US-Aussenministerium gewarnt, das Vorhaben ein extrem gefährliches Spiel mit dem Feuer genannt. Selbst US-Präsident Joe Biden (79) hielt den Besuch in Taiwan für «keine gute Idee». Dennoch landete die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses Nancy Pelosi (82) auf der Insel im Südchinesischen Meer, die China als seine abtrünnige Provinz bezeichnet. Und prompt kündigt China gezielte militärische Aktionen nahe Taiwan an und schickte nach eigenen Angaben bereits Kampfflugzeuge vom Typ SU-35 auf einen Flug durch die Taiwan-Strasse.
Die Weltpresse reagiert alarmiert. «Der Besuch ist ein schwerer Angriff auf die chinesische Souveränität und territoriale Unversehrtheit. Die Eskalation der Spannungen ist allein auf die unilateralen Provokationen der Vereinigten Staaten zurückzuführen», schreibt die chinesische Zeitung «People's Daily». Pelosi würde die Büchse der Pandora öffnen.
China beginnt am 4. August mit Militärmanövern nahe Taiwan
Auch wenn die USA den Besuch von Pelosi herunterspielen würden, so sei er für China einschneidend, schreibt «Russia Today». «Es zeigt China auf, wie Washington einen Status quo, der seit vier Jahrzehnten existiert, bröckeln lässt.» Auf die Folgen weist der britische «Express» hin, China würde bereits ab Donnerstag in militärischen Manövern nahe der Hoheitsgewässer von Taiwan scharf schiessen. Die «Taiwan News» berichtet von sechs Manövern vor dem Hoheitsgebiet Taiwans rund um den Inselstaat.
Die «Washington Post» lässt Nancy Pelosi Raum für einen Kommentar. Darin nennt die Demokratin den vor 43 Jahren beschlossenen «Taiwan Relation Act» eine der wichtigsten Säulen der US-amerikanischen Asien-Pazifik-Politik. Man teile die gleichen Werte wie Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Demokratie und Freiheit. Die USA könnten nicht zusehen, wenn die Kommunistische Partei Chinas die Demokratie Taiwan gefährde.
«Pelosi sorgt für Instabilität der US-Beziehungen zu China»
Der deutsche «Tagesspiegel» schreibt: «Seit Russland die Ukraine überfallen hat, wird befürchtet, dass China Ähnliches mit dem freiheitlichen Taiwan vorhat.» Auch wenn die US-Regierung Spannungen vermeiden wolle, da die Konfrontation mit Russland die grösstmögliche Aufmerksamkeit erfordere, würde Joe Biden mit Äusserungen irritieren. So betone der US-Präsident Amerikas «Verpflichtung», Taiwan im Angriffsfall beizustehen.
CNN befürchtet, dass der Taiwan-Besuch Pelosis, allen Warnungen zum Trotz, für mehr Instabilität in den Beziehungen zwischen China und den USA sorgen könnte. Doch weder die eine noch die andere Supermacht habe Interesse an einer militärischen Konfrontation. Für den amerikanischen TV-Sender gilt Pelosi in Taiwan als Symbol für Demokratie und Lifestyle, die Taipeh verzweifelt versuche, im autoritären Schatten Chinas zu bewahren.
Pelosi bekommt Rückendeckung von republikanischen Senatoren
Auch wenn China droht und das US-amerikanische Aussenministerium gewarnt hat: Viel Gegenwind bekommt Pelosi nicht für ihre Reise – zumindest politisch. In ihrem Heimatland, den USA, wird die Demokratin sogar von republikanischen Senatoren wie Senatsminderheitsführer Mitch McConnel (80) oder Trump-Verteidiger Chuck Grassley (88).
Pelosi repräsentiere den Kongress und das Volk der USA, aber nicht US-Präsident Joe Biden (79), hiess es am Dienstag. So stelle ihr Besuch auch keine Änderung der «Ein-China-Politik» der USA dar, die Peking als einzige legitime Regierung Chinas anerkennen. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby (59), sagte dem Sender CNN, es gebe keinen Grund für China, aus dem Besuch einen Konflikt zu machen. «Die Vereinigten Staaten lassen sich auch nicht durch Drohungen einschüchtern.»
Auf der internationalen politischen Bühne hat sich noch kaum jemand zu Pelosis waghalsiger Reise geäussert. Der litauische Aussenminister Gabrielius Landsbergis twitterte: «Jetzt, da Pelosi die Tür zu Taiwan noch viel weiter geöffnet hat, bin ich mir sicher, dass andere Verteidiger von Freiheit und Demokratie sehr bald hindurchgehen werden.»
Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (41) hielt China ebenfalls Drohgebärden vor. «Wir haben schmerzhaft in den letzten Monaten seit dem 24. Februar gelernt, dass aggressive Rhetorik zu gefährlichem Handeln führen kann», sagte sie in einer Rede in New York. Die Grünen-Politikerin fügte hinzu: «Es kann nicht in unserem Interesse sein, wenn China zusätzlich noch ausufernde wirtschaftliche Abhängigkeiten in der Region kreiert.»
Taiwan begrüsst Besuch von Pelosi
Ungeachtet der Spannungen mit China wird der Besuch in Taiwan von taiwanesischen Parlamentariern weitgehend begrüsst. So äusserte der oppositionelle Abgeordnete Chen Yi-hsin von der Kuomintang die Hoffnung, dass Peking nicht «überreagiert».
Der Abgeordnete der regierenden Fortschrittspartei (DPP), Wang Tingyu, erwartet, dass Peking zwar einige «störende Aktionen» unternehmen werde. Er rechne aber nicht mit einer Reaktion, die einen Konflikt mit den USA auslösen könnte. Der Generalsekretär der taiwanischen Menschenrechtsvereinigung, Shih Yi-hsiang, sieht in dem Besuch ein «Signal, dass wir Demokratie und Menschenrechte vertiefen und uns dem Autoritarismus der Kommunistischen Partei Chinas widersetzen sollten».