Nachfolge von Angela Merkel
Die Union erlebt ihr grünes Wunder

Die Favoriten stehen fest: Armin Laschet und Annalena Baerbock. Der Kampf ums Berliner Kanzleramt kann beginnen.
Publiziert: 25.04.2021 um 09:48 Uhr
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Die Deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel tritt im Herbst nach 16 Jahren im Amt nicht mehr zur Wiederwahl an.
Foto: keystone-sda.ch
Valentin Rubin

Es war der erste Showdown des Superwahljahrs 2021: Wer tritt als Kandidat oder Kandidatin für das Berliner Kanzleramt an? Die Ausgangslage ist spannend wie lange nicht. Angela Merkel (66) tritt nach 16 Jahren im September nicht erneut als Spitzenkandidatin der Union aus CDU und CSU an. Im Kampf um das Erbe der Nochkanzlerin stehen sich nun als aussichtsreichste Kandidaten ihr Parteifreund Armin Laschet (60) sowie Annalena Baerbock (40) gegenüber. Die Co-Vorsitzende der Grünen, die ihr Image als Oppositionspartei endgültig ablegen wollen, soll frischen Wind in Deutschlands mächtigstes politisches Amt bringen.

Baerbock und Laschet treten gegen den bereits gesetzten Kandidaten der SPD an, Olaf Scholz (62). Die aktuellen Umfragen geben dem Bundesfinanzminister und Vizekanzler praktisch keine Chancen. Die Sozialdemokraten verlieren bereits seit vielen Jahren grosse Teile ihrer Wählerschaft. Im Herbst wird es daher wohl zu einem Zweikampf zwischen Laschet und Baerbock kommen.

Zwei Parteien und zwei Profile, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Auf der einen Seite die Union, die traditionsreiche christliche Volkspartei, die Mitte März schmerzliche Niederlagen in den Landtagswahlen von Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg einstecken musste. Auf der anderen Seite die Grünen, die mit Umfragewerten von aktuell fast 30 Prozent auf einer Welle des Erfolgs reiten, die kein Ende zu nehmen scheint.

Interne Querelen

Und auch im Ringen um die Kandidatur zur Kanzlerschaft, in der sogenannten «K-Frage», zog sich die Union Blessuren zu. Der interne Machtkampf zwischen Markus Söder (54) aus der CSU und Armin Laschet aus der CDU zog sich mit viel Lärm über Wochen hin. Söder, Liebling der Parteibasis, gegen Laschet, den Favoriten des Parteivorstands. Laschet konnte sich letztlich behaupten, der studierte Jurist gilt als pragmatischer und kompromissbereiter Vollblut-Christdemokrat.

Sollte Laschet gewählt werden, wäre er bereits der sechste CDU-Kanzler. Doch die Fehde mit Söder hat am Image der Union als souveräner Regierungspartei gekratzt. Von einer Sturzgeburt und von Selbstzerfleischung schreibt die deutsche Wochenzeitung «Die Zeit». Im Herbst wird sich zeigen, wie sehr dieses Gerangel die Unionswählerschaft abgeschreckt hat. In den Umfragen ist noch kein negativer Effekt zu beobachten. Andreas Rödder, Historiker und CDU-Mitglied, meint allerdings: «Die Zeichen für die CDU stehen auf Sturm!»

Ganz anders bei den Grünen: Sie stahlen der Union schon die Show, als am Montag die beiden Co-Vorsitzenden Robert Habeck (51) und Annalena Baerbock diszipliniert die Kandidatur der Brandenburgerin bekannt gaben. Habeck, der erfahrenere Exekutiv-Politiker aus Schleswig-Holstein, verzichtete zugunsten seiner Kollegin auf eine Kandidatur: «Annalena, die Bühne gehört dir!» So geht Einigkeit.

Kanzlerin statt Kriegsreporterin

Dass Baerbock ins Rennen geht, ist bemerkenswert: Sie steht für Aufbruch, Veränderung, Ehrgeiz und eine neue Generation von Politikerinnen, die Deutschland voranbringen wollen. In jungen Jahren wurde Baerbock mehrmals Dritte in den Deutschen Meisterschaften im Trampolinspringen.

Ursprünglich wollte sie Kriegsreporterin werden, machte dann aber in der Politik Karriere. 2005 trat sie den Grünen bei, seit 2018 steht sie an deren Spitze. Sie ist die jüngste Kanzlerkandidatin in der Geschichte der Bundesrepublik. Und sollte sie im Herbst gewählt werden, wäre sie die erste grüne Kanzlerin überhaupt. Noch vor wenigen Jahren undenkbar, jetzt auf einmal sehr realistisch.

Zwar ist Baerbock innerhalb der Umweltpartei bestens vernetzt – vom Kreisvorsitzenden aus der deutschen Provinz bis zu den Kadern der Europäischen Grünen. Kritiker halten ihr aber vor, sie habe keinerlei Erfahrung als Exekutivpolitikerin – ganz im Gegensatz zu Laschet, der in Nordrhein-Westfalen bereits 2005 Landesminister war und seit 2017 Ministerpräsident ist.

Doch nicht einmal nach dem epischen Ringen zwischen ihm und Söder ist völlig geklärt, welche Punkte Laschet in sein Wahlkampfprogramm aufnehmen wird. Die Grünen haben es in diesem Punkt deutlich besser: Ihre Absicht, die Gesellschaft klimapolitisch umzubauen, ist nicht nur konkret, sondern auch en vogue.

In den kommenden Monaten brauchen sie dennoch Selbstbewusstsein, wenn sie gegen die etablierte Kanzlerpartei der Union bestehen wollen. Baerbock könnte es schaffen. «Das ist erst der Anfang», sagte sie 2018, unmittelbar nachdem sie mit Robert Habeck zur Bundesvorsitzenden ihrer Partei gewählt worden war.

Nach damaligen Verhältnissen war sie da schon ganz oben angekommen. Doch es war ihr nicht genug ...

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