Nach Wagner-Erfolg bei Soledar
Schafft Putin jetzt die Wende im Donbass?

Die russische Söldner-Truppe Wagner hat offenbar die Kleinstadt Soledar nördlich von Bachmut erobert. Ein Zwischenerfolg für die Russen – doch letztlich könnte die Ukraine von der Niederlage sogar profitieren, glauben amerikanische Experten.
Publiziert: 11.01.2023 um 00:28 Uhr
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Aktualisiert: 11.01.2023 um 12:00 Uhr
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Seit Wochen harren die zurückgebliebenen Bewohner von Soledar in ihren Kellern aus.
Foto: keystone-sda.ch
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Samuel SchumacherAusland-Reporter

Die Kämpfer der russischen Söldner-Truppe Wagner sollen in der Kleinstadt Soledar Erfolge erzielen. Das berichten der britische Geheimdienst und die US-Denkfabrik Institute for the Study of War. Die berüchtigte Wagner-Truppe verkündete jetzt die Eroberung des Ortes.

Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (61) teilte am Dienstagabend mit, dass Soledar erobert sei. Im Zentrum des Ortes sei noch eine Gruppe ukrainischer Soldaten eingekesselt. «Die Zahl der Kriegsgefangenen wird morgen mitgeteilt», wurde Prigoschin zitiert. Auf einem Telegram-Kanal der Wagner-Gruppe hiess es zudem, den eingekesselten ukrainischen Soldaten sei ein Ultimatum zur Kapitulation bis Mitternacht gestellt worden.

Die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hanna Maliar (44) hatte noch kurz erklärt, dass die schweren Kämpfe in Soledar andauern. «Der Feind kümmert sich nicht um die grossen Verluste an Personal und stürmt weiter», so Maliar auf Telegram. «Die Zugänge zu unseren Stellungen sind mit den Leichen der Feinde übersät. Unsere Kämpfer halten die Verteidigung tapfer aufrecht.»

Was hat der russische Erfolg bei Soledar zu bedeuten?

Der Durchbruch wird die Schlacht um die nur wenige Kilometer südlich gelegene Stadt Bachmut beeinflussen. Wladimir Putins (70) Donbass-Feldzug steht vor entscheidenden Tagen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Durch die Eroberung der Stadt und der umliegenden Salz- und Gips-Minen haben sich die Russen eine gute Ausgangslage geschaffen, um die seit Monaten umkämpfte Stadt Bachmut von Norden her anzugreifen. Um Bachmut tobt die derzeit heisseste Schlacht im Ukraine-Krieg. Ein ukrainischer Soldat, der sich in seinen Videos als Kiyanyn vorstellt, hat am Dienstag aus Bachmut von äusserst verlustreichen Kämpfen berichtet. Die Russen würden die vielen Toten ignorieren und einfach «neues Fleisch in den Kampf» werfen. «Das Problem ist, dass diese Männer noch nicht genügend Angst vor uns haben. Sie sind vollgepumpt mit russischer Propaganda.»

Was bedeutet der Durchbruch für die Gefängnis-Söldner-Truppe Wagner?

Für Jewgeni Prigoschin (61), den Chef der Wagner-Truppe, ist der Fall von Soledar ein grosser Erfolg. Der Putin-Vertraute, der seine Kämpfer unter anderem direkt aus Haftanstalten rekrutiert, konnte zeigen, dass seine Leute mehr Durchschlagskraft haben als die Soldaten der russischen Armee. Die USA werfen Prigoschin vor, er wolle aus der Eroberung der Salz- und Gips-Minen rund um Soledar vor allem finanziellen Profit schlagen.

Verliert die Ukraine jetzt doch noch den Donbass?

Davon ist Kiew noch weit entfernt. Die Experten der US-Denkfabrik Foreign Policy Research Institute glauben sogar, dass sich die aktuellen Ereignisse positiv auswirken könnten auf die Ukraine. Der zermürbende Kampf um Soledar und Bachmut habe die russischen Streitkräfte schon im Sommer stark geschwächt. Nur deswegen sei es den Ukrainern möglich gewesen, rund um Charkiw im Norden und rund um Cherson im Süden so grosse Gebiete zurückzuerobern.

Was bringen die jüngsten Panzer- und Waffenlieferungen der Ukraine?

Neben Frankreich und den USA haben auch die Deutschen bestätigt, dass sie Panzer in die Ukraine schicken wollen. Die westlichen Panzer dürften den ukrainischen Streitkräften in den kommenden Winterwochen einen entscheidenden Vorteil bringen. Voraussetzung dafür ist, dass die Böden im Donbass zufrieren und die Fahrzeuge nicht mehr im Matsch stecken bleiben. Auch die amerikanischen Patriot-Flugabwehrsysteme könnten matchentscheidend werden, sagt er ETH-Militärexperte Marcel Berni (34) zu Blick. Zwar werde es noch Monate dauern, bis die versprochenen Patriot-Systeme in der Ukraine eingesetzt werden können. «Dann aber wird es helfen, wichtige ukrainische Bodenpositionen und Städte viel effektiver verteidigen zu können.» Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) gibt sich mit den neuen Waffen aber noch nicht zufrieden. Am Dienstag sagte er in einer Telegram-Ansprache: «Wir müssen alles erhalten, um die Terroristen aus unserem Land vertreiben zu können.»

Wie reagiert Russland auf die Entwicklung?

Während Wagner-Chef Prigoschin die ersten seiner Söldner nach deren sechsmonatigem Kriegsdienst wieder in die Heimat entlassen hat (mit dem Aufruf, dem «Drang zum Töten» zurück in der Zivilisation zu widerstehen), verbreitet der ukrainische Militärgeheimdienst das Gerücht, dass Russland bereits kommende Woche eine neue Mobilisierungswelle starten werde. Kiew behauptet, Putin wolle 500'000 neue Männer in den Krieg zwingen. Moskau bestreitet das.

«Uns fehlt es an gepanzerten Fahrzeugen»
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Wagner-Chef Prigoschin:«Uns fehlt es an gepanzerten Fahrzeugen»
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