Irr, irrer, Sydney Powell (65)! Nachdem die Anwältin tagelang bizarre Wahlbetrugsvorwürfe, Verschwörungstheorien und Drohungen, den Swing State Georgia mit einer «biblischen» Klage «in die Luft zu jagen», abgefeuert hatte, ist sie selbst dem Trump-Lager zu peinlich.
«Sidney Powell ist selbständig als Anwältin tätig. Sie ist kein Mitglied des Trump-Rechtsteams. Sie ist auch keine persönliche Anwältin des Präsidenten», distanzierten sich die Trump-Anwälte Rudy Giuliani (76) und Jenna Ellis am Sonntag in einem Statement von ihr. Ausgerechnet Giuliani, der sich selbst immer tiefer in Verschwörungstheorien verstrickt und noch am Mittwoch gemeinsam mit Powell auftrat – als ihm Schweiss und Haarfarbe von den Schläfen liefen, stand die Juristin hinter ihm.
In einem rund 40-minütigen Monolog redete sich Giuliani vergangenen Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Rage über den massiven Wahlbetrug, für den er noch immer keine stichhaltigen Beweise vorgelegt hat. Sidney Powell legte gemeinsam mit Jenna Ellis nach. Beide wiederholten längst widerlegte Anschuldigungen und verbreiteten inkohärente Theorien.
Fox-Ikone Tucker Carlson forderte Beweise ein
Zusammengefasst geht ihre Erklärung für Trumps Niederlage so: Stimmzettel für Biden seien mehrfach eingescannt worden, weswegen Millionen Stimmen für ihn ungültig seien. Mitverwickelt in den Betrug seien Kuba, Venezuela (inklusive der 2013 gestorbene Ex-Präsident Hugo Chávez), China, grosse Städte in den USA, die Antifa, Tech-Unternehmen und sogar ein Internetserver in Deutschland.
Am Samstag beschuldigte Powell Georgias republikanischen Gouverneur Brian Kemp (57) und seinen Innenminister Brad Raffensperger (65), Teil einer Verschwörung zu sein. «Georgia wird wahrscheinlich der erste Staat sein, den ich in die Luft jagen werde und Herr Kemp und sein Innenminister werden das nicht überleben», sagte sie und sprach von einer «biblischen» Klage gegen den US-Bundesstaat, den Joe Biden (78) bei der Präsidentschaftswahl knapp gewonnen hat.
Beweise für ihre bizarren Theorien hatte etwa «Fox News»-Moderator Tucker Carlson (51) von ihr eingefordert – vorgelegt hatte Powell jedoch wie auch andere Mitglieder des Trump-Lagers nichts.
Warum Powell ausgerechnet jetzt gefeuert wird
Dass sich das Trump-Lager von Powell distanziert, könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Republikaner den Druck auf Trump erhöhen, seine Niederlage einzugestehen.
Bislang hatte Trump mit seinen mehr als 30 Klagen keinen Erfolg. Erst am Wochenende hatte es ein republikanischer Bundesrichter in Pennsylvania abgelehnt, sieben Millionen Stimmen für ungültig zu erklären. Trump scheiterte mit ähnlichen Vorstössen auch in Georgia, Michigan und Arizona.
Trump hält dennoch an seiner Strategie fest. Ein Tweet von ihm am 14. November widerspricht auch Giulianis Darstellung, Powell gehöre nicht offiziell zum Team der Trump-Anwälte. Er hatte ihr Engagement ausdrücklich gelobt und getwittert, sie sei Teil des Teams von «wundervollen Anwälten und Vertretern» unter Rudy Giuliani.
Die aus North Carolina stammende Sidney Powell ist eine ehemalige Staatsanwältin. Sie vertrat bereits Trumps Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn (61), der sich im Zuge der Ermittlungen wegen möglicher russischer Einflussnahme auf die US-Präsidentenwahl 2016 und Lügen gegenüber dem FBI verantworten musste.
In einem Statement äussert sich Powell zum Bruch mit dem Trump-Lager: «Ich stimme mit der Erklärung (...) überein, dass ich nicht zum Rechtsteam der Kampagne gehöre. Ich habe nie eine Honorarvereinbarung unterzeichnet oder dem Präsidenten oder der Kampagne eine Rechnung für meine Auslagen oder Honorare geschickt.» Sie habe lediglich zum Aufklären von Wahlbetrug beitragen wollen – von beiden politischen Lagern. Ihre Beweise seien «überwältigend», noch diese Woche wolle sie Klage einreichen. «Sie wird episch sein.»
Hat Giuliani Trump in der Hand?
Während sich das Trump-Lager offensichtlich wegen der irren Verschwörungstheorien von Sidney Powell distanziert, darf ihr Chef Rudy Giuliani weitermachen. Trumps persönlicher Anwalt, einst als «Amerikas Bürgermeister» eine nationale Lichtfigur, macht bereits seit mehr als einem Jahr mit bizarren Auftritten von sich reden.
Trotzdem hat sich Trump bislang nicht von ihm getrennt. Giuliani glaubt offenbar auch nicht, dass das je passieren wird. Bereits rund um das Impeachment-Verfahren sagte er, er glaube an Trumps Loyalität ihm gegenüber. Und deutete kryptisch und halb-witzelnd an: Er habe eine «sehr, sehr gute Versicherung», sollte ihn der Präsident doch «vor die Räder werfen». Ob und was er genau gegen den Noch-Präsidenten in der Hand hat, sagte er nicht.