Darum gehts
- Ermittlungen wegen rechtsextremer Gesänge auf Sylt eingestellt, Klage gegen einen Beteiligten
- Vorfall löste bundesweite Debatte über rechtsextremistische Einstellungen aus
- Staatsanwaltschaft fordert Zahlung an gemeinnützige Einrichtung als Auflage
Knapp ein Jahr nach dem Skandal um rechtsextreme Gesänge zu dem Partyhit «L'amour Toujours» in einer Bar auf der Nordseeinsel Sylt hat die Staatsanwaltschaft Flensburg (D) die Ermittlungsverfahren gegen drei von vier Beteiligten eingestellt. Das Absingen der Textzeile «Ausländer raus, Deutschland den Deutschen» erfülle im vorliegenden Fall laut höchstrichterlicher Rechtsprechung noch nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung, teilte die Behörde am Montag mit.
Gegen einen vierten Beteiligten, der bei dem durch ein Video in sozialen Medien dokumentierten Vorfall, mit winkendem Arm einen sogenannten Hitlergruss machte und mit der anderen Hand ein «Hitlerbärtchen» andeutete, wurde demnach Klage erhoben. Die Staatsanwaltschaft Flensburg beantragte gegen ihn über den Weg eines Strafbefehls eine Verwarnung wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Als Auflage soll er 2500 Euro (rund 2350 Franken) an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Akzeptiert er, gibt es keinen Prozess.
Hochschule erteilt Student Hausverbot
Der Fall hatte im Mai bundesweit Empörung ausgelöst und eine Debatte über die Verbreitung rechtsextremistischer Einstellungen in der Bevölkerung ausgelöst. Das Video zeigte mehrere junge Menschen, die bei einer Feier zu dem Partyhit «L'Amour Toujours» die Zeilen «Ausländer raus» und «Deutschland den Deutschen» auf der Terrasse des Lokals anstimmten. In den folgenden Wochen wurden weitere Vorfälle mit dem Lied, etwa bei Volksfesten, gemeldet.
Bei den Beteiligten aus dem Video handelte es sich um zwei Männer und eine Frau, die als Studentin einer Hamburger Fachhochschule identifiziert wurde. Die Hochschule verhängte gegen sie ein zweimonatiges Hausverbot. Eine Exmatrikulation wurde geprüft, jedoch als unverhältnismässig verworfen.
Ermittlungen wegen Skandalvideo
Laut Staatsanwaltschaft erfüllen weder der Inhalt der von den Beschuldigten gerufenen Parolen noch «die Gesamtumstände» des damaligen Geschehens gemäss höchstrichterlicher Massstäbe den Straftatbestand der Volksverhetzung. Zwar kämen darin «Vorbehalte und Ablehnung» gegenüber Ausländern zum Ausdruck, erklärte diese. Nicht möglich sei dem Ermittlungsergebnis zufolge aber der «zweifelsfreie Rückschluss», dass damit «eine aggressive Missachtung und Feindschaft in der Bevölkerung erzeugt oder gesteigert werden sollten».
Gegen einen vierten Beteiligten ermittelte die Anklagebehörde in der schleswig-holsteinischen Stadt wegen des Verdachts des Verbreitens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, weil er das Video gefilmt und veröffentlicht hatte. Das Verfahren gegen ihn wurde nach Angaben vom Montag eingestellt, weil ihm in einem anderen Verfahren bereits eine Strafe droht, die gegenüber der wegen dieses Vorwurfs drohenden Bestrafung nicht besonders ins Gewicht fällt. Weitere Angaben dazu wurden nicht gemacht.