Der tödliche Anschlag gegen Militärblogger Wladlen Tatarski (†40) vom Sonntag in der russischen Stadt St. Petersburg passierte in einem Café von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin (61). Die nationalistische Organisation Kiber Front Z hatte sich in der Street Food Bar No. 1 für einen «patriotischen Abend» mit Tatarski eingemietet.
Am Dienstag veranstaltete Prigoschin in dem zerstörten Lokal eine Gedenkveranstaltung für den verstorbenen Militärblogger. Er sei so schnell wie möglich von der Front in Bachmut zum Tatort in St. Petersburg gekommen, sagte er. Die mit Wagner verbundene Gruppe Kiber Front Z werde er zu einer sozialen Bewegung ausbauen, die gegen Bedrohungen von aussen kämpft, versprach Prigoschin. Zudem merkte er an, er werde den Teilnehmern der Veranstaltung vom Sonntag eine finanzielle Entschädigung anbieten.
Verdächtige sagt, sie sei reingelegt worden
Neben dem getöteten Militärblogger wurden bei der Bombenexplosion mehr als 30 Menschen verletzt. Die Reaktion Prigoschins deutet laut dem US-Thinktank Institute for the Study of War (ISW) darauf hin, dass Prigoschin wahrscheinlich glaubt, der Anschlag sei zum Teil gegen ihn gerichtet gewesen. Die «vagen Anschuldigungen einer Kampagne gegen Wagner lassen vermuten, dass Prigoschin wahrscheinlich versucht, den Vorfall indirekt als Angriff auf ihn darzustellen», heisst es im ISW-Lagebericht zum Ukraine-Krieg vom Dienstag.
Nach dem Anschlag verhaftete die Polizei eine Verdächtige. Darja T.* (26) hatte die Büste, in der der Sprengsatz versteckt war, ins Café gebracht und an Tatarski überreicht. T. wurde inzwischen nach Moskau überstellt und von den Behörden befragt. Die Frau erklärte, sie sei reingelegt worden. Auf die Frage der Ermittler, ob sie wusste, dass die Statue einen Sprengsatz enthielt, antwortete sie: «Das wurde mir nicht ausdrücklich gesagt, aber ich habe etwas Schlimmes vermutet.»
Sprengsatz von Moskauer Taxifahrer erhalten
T. war auch nach der Übergabe der Büste im Café geblieben. Angeblich vermutete sie, dass eine Wanze darin versteckt war, um Tatarski auszuhorchen. Laut einem Bericht des russischen Portals Fontanka stand T. über Telegram in Kontakt mit einem Aktivisten, dessen Identität noch ungeklärt ist. Dieser habe der Kriegsgegnerin vorgeschlagen, als Journalistin für ein Medium in Kiew zu arbeiten. Zunächst habe sie jedoch mit der Erledigung verschiedener Aufgaben ihre Eignung unter Beweis stellen müssen, russische Propaganda zu bekämpfen.
Das Portal berichtet nun über neue Details zum Anschlagshergang. T. habe als eine der Aufgaben die mit Sprengstoff gefüllte Büste von einem Taxifahrer in Moskau entgegengenommen. Dieser wusste den Angaben zufolge nicht, was sich in dem Paket befand. Der Frau wurde angeblich versprochen, sie könne nach der Ablieferung der Büste Russland verlassen und ihre neue Arbeit in Kiew beginnen. (noo)
*Name bekannt