Moskau droht mit «allen Folgen» wegen Taurus-Lieferung
Mit dieser Putin-Rache muss Deutschland rechnen

Bald-Kanzler Friedrich Merz bringt den Kreml in Rage. Wenn Berlin der Ukraine tatsächlich Marschflugkörper liefert, um die Kertsch-Brücke zu zerstören, würde Moskau Deutschland als Kriegsteilnehmer betrachten. Militärexperten sagen, wie gefährlich es dann würde.
Publiziert: 18.04.2025 um 13:22 Uhr
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Aktualisiert: 09:05 Uhr
Im Oktober 2022 flog auf der Kertsch-Brücke ein Lastwagen in die Luft, der die Verbindung zur Krim schwer beschädigte.
Foto: Screenshot Twitter

Darum gehts

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Guido FelderAusland-Redaktor

Deutschland und Russland sind auf Kollisionskurs. Der Deutsche Bald-Kanzler Friedrich Merz (69) will eine rote Linie überschreiten – und der Ukraine Taurus-Marschflugkörper liefern. Die Russen drohen darum unverhohlen mit militärischer Rache.

Die Ansage aus dem russischen Aussenministerium: Sollte ein Taurus-Angriff auf russischem Boden stattfinden, würde man das als «direkte Teilnahme Deutschlands an Kampfhandlungen aufseiten des Kiewer Regimes» sehen. «Mit allen Folgen für Deutschland, die sich daraus ergeben». Für Experten ist klar: Die Drohung ist kein Bluff.

Wie ernst muss man die Kreml-Drohung nehmen?

Sehr ernst. Solche Drohungen kommen zwar regelmässig, um den Westen zu verunsichern. Doch Ralph D. Thiele, Vorsitzender der deutschen Politisch-Militärischen Gesellschaft und Präsident von EuroDefense Deutschland, betont gegenüber Blick: «Putin meint, was er sagt. Er sagt uns lediglich nicht immer, wie er seine Drohungen umsetzt.»

Auch Marcel Berni, Leiter Strategische Studien an der ETH-Militärakademie, rät, solche Drohungen ernst zu nehmen. «Man darf aber deswegen nicht in Hysterie verfallen oder sich sogar von der Unterstützung der Ukraine abschrecken lassen.»

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Friedrich Merz möchte den Ukrainern Taurus-Marschflugkörper liefern.
Foto: keystone-sda.ch

Wie könnte sich Putin an Deutschland rächen?

Experten gehen von indirekter Vergeltung aus: Sabotage, Attentate und eine Propagandaoffensive.

Thiele hält es für einen «schwerwiegenden Fehler», dass man bisherige hybride Aggressionen in keinen direkten Zusammenhang mit dem Krieg gebracht hat. «Warum sollte man Morddrohungen an Rüstungsindustriellen, Brandstiftungen, Anschläge auf kritische Infrastrukturen, Irreführung der Öffentlichkeit usw. nicht ernst nehmen?» Gerade in einer Zeit, in der Politik, Wirtschaft und gesellschaftliche Stabilität der Deutschen taumeln würden, sei dies eine «ideale Ausgangslage für Putin», sagt der Autor des Buches «Hybride Kriegsführung, Zukunft und Technologien».

In Deutschland kam es vor einem Jahr zu einem Brand beim Rüstungskonzern Diehl Metal Applications in Berlin, bei dem es sich um Sabotage gehandelt haben dürfte. Etwa zur gleichen Zeit konnte ein Mordanschlag auf Armin Papperger (62), Chef des Rüstungskonzerns Rheinmetall, verhindert werden.

Wie gefährlich ist Taurus?

Taurus ist eine sehr präzise bunkerbrechende Waffe – stärker und weitreichender als der britische Storm Shadow und der französische Scalp-EG. Berni: «Man erhofft sich, dass er auch stark befestigte Fundamente von russischen Gebäuden, unterirdischen Anlagen und Flughäfen zerstören kann.» Um die Brücke von Kertsch zum Einsturz zu bringen, braucht es laut Berni wohl mehrere Treffer an den Brückenpfeilern.

Thiele bezeichnet den Taurus als «Prestigewaffe, die Prestigeschaden verspricht». Er warnt: «Sollten strategische Ziele vernichtet werden, schliesse ich einen Ersteinsatz von russischen Nuklearwaffen nicht aus.»

Warum ist die Kertsch-Brücke so wichtig?

Schon zweimal ist es den Ukrainern im Krieg gelungen, die Brücke, die das russische Festland mit der annektieren Halbinsel Krim verbindet, mit Attentaten zu beschädigen. Vor einem Jahr kündigte Kiew an, die 19 Kilometer lange Brücke «in der ersten Hälfte von 2024» zu zerstören. Das haben die Ukrainer nicht geschafft.

Die 2018 eröffnete Brücke ist auch ein Prestigeprojekt Putins, das die Bewohner der Krim versorgt. Aus militärischer Sicht ist sie laut Berni nicht mehr ein so lohnendes Ziel wie noch vor zwei Jahren. «Die Russen haben die Zeit genutzt und die Logistik in den Donbass über andere Strassen- und Schienenachsen ausgebaut.»

Welche Rolle spielen Marschflugkörper im Ukraine-Krieg?

Laut Marcel Berni ist ein gegensätzlicher Trend zu beobachten. Auf ukrainischer Seite habe der Einsatz von Marschflugkörpern und ballistischen Lenkwaffen in jüngster Vergangenheit zugunsten von Drohnen abgenommen. Auf der russischen Seite hingegen fänden weniger Drohnenangriffe statt, dafür setzten die Angreifer vermehrt auf ballistische Lenkwaffen mit Streumunition sowie Marschflugkörper.

Dass einzelne solche Angriffe verheerend sein können, zeigte der Raketenbeschuss von Sumy, wo am 13. April mindestens 35 Menschen getötet und 117 verletzt wurden.

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