Auf einen Blick
- Selenski fordert Waffenfreigabe für Angriffe tief in Russland
- USA und Grossbritannien zögern bei Freigabe von Langstreckenwaffen
- Himars-Raketen haben eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern
Es wäre ein bedeutender Kurswechsel in der militärischen Unterstützung der Ukraine durch die westlichen Verbündeten: Bei seinem Besuch bei US-Präsident Joe Biden will der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski erneut um die Freigabe der gelieferten Waffen für Angriffe tief im russischen Landesinneren bitten. Gleichzeitig fordert Selenski immer wieder Waffen mit höheren Reichweiten.
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Kiew argumentiert, der Einsatz dieser Waffen könnte das Kriegsgeschehen massgeblich zu Gunsten der Ukraine beeinflussen. Die Unterstützer der Ukraine fürchten jedoch eine weitere Eskalation des Krieges.
Ein Überblick über die der Ukraine zur Verfügung stehenden Waffen und ihre Einsatzmöglichkeiten:
Artillerie
Die Ukraine verfügt über zahlreiche Typen von Artilleriegeschützen und Raketenwerfern. Die deutsche Panzerhaubitze 2000 hat etwa eine Reichweite von bis zu 40 Kilometern – mit dem Raketenwerfer Mars II können Geschosse mit einer Reichweite von maximal 84 Kilometern abgefeuert werden. Das US-Mehrfachraketenwerfer-Artilleriesystem Himars kann mit Kurzstreckenraketen vom Typ bestückt werden, die eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern haben.
Die USA hatten im April 2024 erstmals ATACMS von dieser Reichweite an die Ukraine geliefert und Kiew später auch erlaubt, diese zur Verteidigung der Region Charkiw gegen Ziele auf russischem Gebiet einzusetzen. Eine Entscheidung über eine Aufhebung des Verbots, westliche Waffen mit grosser Reichweite im Inneren Russlands einzusetzen, wurde zuletzt von den USA und Grossbritannien vertagt. Deutsche Waffen sind nach Angaben der Bundesregierung von dieser Frage bisher nicht betroffen.
Luft-Boden-Raketen / Marschflugkörper
Kampfjets vom Typ F-16 standen lange auf der Wunschliste der Ukraine. In diesem Jahr wurden die ersten dieser Kampfflugzeuge geliefert. Nun geht es darum, mit welchen Waffen sie bestückt werden. Grossbritannien hat Kiew bereits im Sommer 2023 Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow geliefert. Die Marschflugkörper britisch-französischer Produktion haben eine Reichweite von bis zu 250 Kilometern, dürfen aber bisher nicht gegen Ziele in Russland eingesetzt werden.
Kanada hat der Ukraine rund 2000 Marschflugkörper vom Typ CVR7 geliefert, die allerdings nur eine Reichweite von etwa drei Kilometern haben. Frankreich hatte im Januar die Lieferung von Lenkbomben vom Typ AASM zugesagt, die auch von den Kampfjets aus der Sowjetära aus abgefeuert werden können. Sie haben eine geschätzte Reichweite von rund 50 Kilometern.
In Deutschland wird immer wieder die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern diskutiert, gegen die sich vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach wie vor sperrt. Die deutsch-schwedische Waffe hat eine Reichweite von 500 Kilometern und wäre damit die reichweitenstärkste an die Ukraine gelieferte Waffe. Eine andere Möglichkeit zur Bewaffnung der F-16 wären Luft-Luft-Raketen aus deutschen Beständen, wie der US-Lenkflugkörper vom Typ AMRAAM mit einer Reichweite von bis zu 180 Kilometern oder vom Typ Sidewinder oder Iris-T.
Zuletzt waren auch US-Marschflugkörper vom Typ JASSM (Joint Air-to-Surface Standoff Missile) als Alternative zum Taurus im Gespräch. Je nach Variante haben diese Lenkwaffen eine Reichweite von bis zu 1000 Kilometern.
Drohnen
Der Ukraine-Krieg ist, wie kaum ein Krieg zuvor, nicht zuletzt ein Drohnenkrieg. Nahezu täglich greift Russland die Ukraine mit Drohnen an, meist vom Typ Schahed aus iranischer Produktion. Auch die Ukraine setzte zuletzt immer öfter Drohnen bei Angriffen auf die Krim oder russische Grenzgebiete und sogar die Hauptstadt Moskau ein. Deutschland verfügt selbst nicht über Kampfdrohnen und liefert entsprechend nur Aufklärungsdrohnen an die Ukraine.
Die USA begannen schon im April 2022 mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an der Kampfdrohne Switchblade. Die Kamikaze-Drohnen haben je nach Variante eine Reichweite von bis zu 40 Kilometern. FPV-Drohnen (von First Person View – Ich-Perspektive) werden vor allem direkt an der Front eingesetzt, etwa gegen Panzer. Litauen hatte der Ukraine zuletzt die Lieferung von 3000 solcher Drohnen zugesagt.
Wichtig sind jedoch nicht zuletzt die von der Ukraine selbst hergestellten Drohnen. Zuletzt testete Kiew nach eigenen Angaben eine neue Raketendrohne namens Palianyzia. Experten gehen von einer Reichweite von 700 Kilometern aus. Das ukrainische Militär verfügt über Drohnen mit einer Reichweite von bis zu 1300 Kilometern. Ein echter Ersatz für Marschflugkörper oder Artillerie sind sie jedoch nicht.