«Ich dachte, ich würde sterben.» Sandrine Josso (48) beschrieb am Montag im französischen TV-Sender France 5, wie sie den Abend mit dem französischen Senator Joël Guerriau (66) erlebte. Der Politiker hatte die Abgeordnete am 14. November zu sich eingeladen, um seine kürzliche Wiederwahl zu feiern. Josso und Guerriau kennen sich seit zehn Jahren, sind befreundet, daher wunderte sie sich nicht über die Einladung. Sie sei «im Vertrauen» zu ihm gefahren.
Doch als Guerriau ihr dann ein Glas Champagner anbot und mehrmals mit ihr anstossen wollte, wurde sie stutzig. Denn: Der Champagner schmeckte seltsam. Viel «süsslicher» als sonst. Gleichzeitig soll der Franzose mit dem Dimmer gespielt haben. «Er schaltete das Licht sehr stark ein und dann wieder aus», eine bekannte Technik, um «die Wirksamkeit der Droge zu erhöhen», wie ihr später die Ärzte im Spital erklärten, wo sie die Nacht beendete.
Sie hatte Ecstasy im Blut
Als sie «Herzklopfen» und «Schweissausbrüche» bekam, sah sie, wie Guerriau «ein weisses Tütchen unter der Arbeitsplatte» in seiner Küche verstaute. Was sie da noch nicht wusste: Es handelte sich um Ecstasy. Die Polizei fand die Droge später bei einer Hausdurchsuchung. Josso wollte nur noch weg. Sie bestellte ein Taxi und flüchtete aus der Wohnung. «Ich war in Panik, mein Herz klopfte. Ich hatte das Gefühl, einen Herzinfarkt zu haben.»
Sie stehe jetzt immer noch unter Schock, ihre Anwältin Julia Minkowski gegenüber der Nachrichtenagentur AFP erklärte. Im Spital wurde Josso untersucht und ihr Blut abgenommen. Eine Analyse ergab: Sie hatte Ecstasy im Blut.
Joël Guerriau wurde vergangenen Donnerstag festgenommen. Er wird verdächtigt, die Abgeordnete im Hinblick auf einen sexuellen Übergriff betäubt zu haben, wie die Nachrichtenagentur AFP aus einer mit dem Fall vertrauten Quelle erfuhr und damit einen Bericht des Senders RMC bestätigte. Am Samstag, einen Tag nach seiner Anklage, wurde er von seiner Partei suspendiert.
Wilde Erklärung zur Droge im Champagner
Joël Guerriau weist die Anschuldigungen zurück. Er werde «kämpfen», um «zu beweisen, dass er seiner Arbeitskollegin und langjährigen Freundin niemals eine Substanz verabreichen wollte, um sie zu missbrauchen». Er habe nicht gewusst, dass es sich bei dem Pulver um Ecstasy handelt. Weil seine Katze kürzlich gestorben sei, habe er sich ein Euphorisierungsmittel besorgen wollen, um mit dem Verlust klarzukommen. Er habe am Vorabend des Treffens mit Josso, das Pulver in ein Champagner-Glas getan, aber nicht getrunken. Als am nächsten Tag dann Josso bei ihm war und sie ebenfalls Champagner trinken wollten, habe er aus Versehen das falsche Glas mit der Droge erwischt.
Laut Medienberichten wurde Guerriau bei einer toxikologischen Analyse positiv auf zahlreiche Drogen getestet. In seinem Blut seien Spuren von MDMA, Methadon, Kokain, Cannabis, Opiaten und Amphetaminen nachgewiesen worden. (AFP/jmh)