Seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine musste Moskau immer wieder seine militärische Strategie ändern. Die vergangenen Monate prägten eine ukrainische Gegenoffensive im Spätsommer und zermürbende Stellungskämpfe im Winter. Nun deutet vieles darauf hin, dass die Lage in der Ukraine wieder an Dynamik gewinnt.
Der australische Militärexperte Mick Ryan nimmt in einer Analyse der Situation in dem von Russland überfallenen Land die russische Strategie für die ersten Wochen im neuen Jahr auseinander. Der Ex-General hat erkannt: Kremlchef Wladimir Putin (70) will den Krieg jetzt um jeden Preis in die Länge ziehen.
Europa und Amerika «wollen, dass Russland besiegt wird»
Die Ukraine ist auf die Unterstützung des Westens in Form von Waffen, Munition und Wirtschaftshilfen angewiesen. Am Freitag betonte Kremlsprecher Dmitri Peskow (55), die Ukraine könne dem russischen Angriff ohne Hilfe des Westens kaum standhalten.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) darf sich seit dieser Woche auf westliche Kampfpanzer freuen. Fast im gleichen Atemzug forderte Selenski auch Kampfjets. Das kriegsgebeutelte Land bereitet sich schon auf die Flugzeuge vor, die Flugplatz-Infrastruktur wird angepasst, der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Oberst Juri Ignat, am Freitag mitteilte.
«Für Putin scheint es bequem zu sein mit seiner Strategie, einfach abzuwarten. Es könnte aber ein langes Warten werden», analysiert Ryan. Seine These: Der russische Präsident scheint davon überzeugt zu sein, dass der Westen irgendwann kriegsmüde wird und die Unterstützung für die Ukraine dann eingestellt wird – laut Ryan gibt es dafür jedoch kaum Anhaltspunkte.
Der Westen verstärkt weiterhin seine Unterstützung, das zeige besonders die Lieferung von Kampfpanzern. Europa und Amerika «wollen, dass Russland besiegt wird», schreibt der Ex-Militär weiter.
Das denkt Mick Ryan über Gerassimow
Russlands Präsident will die Armee für den länger anhaltenden Krieg stärken, nachdem in den letzten Monaten die Söldner der Wagner-Gruppe in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt waren. Um die ausgedünnten Reihen im russischen Militär aufzufüllen, werde Putin die Mobilisierungsanstrengungen wieder verstärken, prognostiziert Ryan.
Der Kremlchef stütze sich jetzt auf seinen loyalen Freund Waleri Gerassimow (67), den Putin jüngst zum neuen Befehlshaber ernannte, erklärt Ryan in der Analyse. Der Führungswechsel dürfte aber wenig bis gar nichts an der jetzigen Situation ändern, so der Ex-Militär. (nad)