Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer (49) trifft heute – als erster EU-Regierungschef seit Kriegsbeginn – den russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) persönlich. Für die Reise nach Moskau steht er in der Kritik.
Russland-Experte Gerhard Mangott (55) zeigt in der ORF-Sendung «ZiB2» kein Verständnis für den Besuch. «Ich halte diesen Besuch nicht für eine kluge Entscheidung, ganz und gar nicht», sagt er. Niemand in der EU habe auf einen Brückenbauer gewartet.
Putin wird Besuch für Propaganda nutzen
Zuvor erklärte Nehammer vorzuhaben, alles zu versuchen, um mitzuhelfen, den Ukraine-Krieg zu beenden. Er sprach davon, «Brückenbauer» sein zu wollen.
«Es ist schwer nach zu vollziehen, was sich der Bundeskanzler von diesem Besuch erwartet», sagt Mangott. Es sei sinnvoller, wenn Russland und die Ukraine weiter selbst zum Beispiel über Fluchtkorridore verhandeln würden.
Nehammer machtlos über Bilder
Wie «Oe24» berichtet, soll das Treffen nicht etwa im Kreml, sondern in Putins Residenz in Moskau stattfinden. Vereinbart wurde ein Vier-Augen-Gespräch. Videos sind verboten und auch nur ein einziges Foto erlaubt.
Mangott glaubt dennoch: «Das wird von der russischen Propaganda benutzt werden: Schaut, das ist ein westlicher Regierungschef, der mir die Aufwartung macht. Nehammer liefert Putin grandiose Fernsehbilder.»
In Moskau wolle niemand über einen Waffenstillstand reden oder auch nur denken, so der Russland-Experte. Er betont, dass Nehammer nicht die Macht über die Bilder des Zusammentreffens haben werde. Putin könne diese verwenden, wie er will. Das sei auch ein Grund, wieso andere Regierungschefs sich ausschliesslich telefonisch mit Putin unterhalten.
Letzte Woche war Nehammer in der Ukraine
Mehrere europäische Politiker sind in den letzten Tagen bereits in die Ukraine gereist. Darunter die Deutsche Ursula von der Leyen (63), der britische Premierminister Boris Johnson (57) – und Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (49).
Bilder zeigen Nehammer, wie er am Samstag durch die Ruinen von Butscha läuft – begleitet von bewaffneten ukrainischen Soldaten. Auch zeigen Bilder ihn mit dem ukrainischem Präsident Wolodimir Selenski (44), mit dem er sich traf und austauschte.
Kritik aus der Ukraine
Nun kommt auch aus der Ukraine Kritik. Vize-Bürgermeister von Mariupol, Sergej Orlow sagt zur «Bild»: «Das gehört sich nicht zur heutigen Zeit. Die Kriegsverbrechen, die Russland gerade auf dem ukrainischen Boden begeht, finden weiterhin statt.»
Und weiter: «Ich verstehe nicht, wie in dieser Zeit ein Gespräch mit Putin geführt werden kann, wie mit ihm Geschäfte geführt werden können.» Der ukrainische Präsident hat sich nicht dazu geäussert, ob er das Treffen befürwortet oder nicht. (euc)