Macron bietet atomaren Schutzschild an – Deutschland diskutiert über eigene Atombombe
Genügt das, um Putin zu bremsen?

Weil auf die USA kaum mehr Verlass mehr ist, bietet die Atommacht Frankreich Europa einen nuklearen Schutzschild an. Genügt das, um Putin zu bremsen? Experten ordnen die Kraft Frankreichs sowie die Notwendigkeit einer atomaren Aufrüstung in Europa ein.
Publiziert: 06.03.2025 um 16:50 Uhr
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Aktualisiert: 06.03.2025 um 17:35 Uhr
Atommacht Frankreich: In den 1970er-Jahren testete Paris Atombomben auf dem Mururoa-Atoll.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

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Guido FelderAusland-Redaktor

Die USA kappen die Militärhilfe für die Ukraine. Europa bringt sich in Stellung. Die EU hat am Donnerstag darüber diskutiert, für die Unterstützung der Ukraine und die eigene Verteidigung gegen 800 Milliarden Euro zu investieren. 

Auch die Atombombe wird zum Thema. Der französische Präsident Emmanuel Macron (47) bietet verbündeten Ländern in Europa an, sie unter den Schutz seiner Atomwaffen zu stellen. Und in Deutschland gibt es eine mediale Diskussion darüber, eine eigene Bombe herzustellen. Die bange Frage lautet: Droht nun gar ein Atomkrieg? 

In Europa sind Frankreich und Grossbritannien die einzigen Länder, die über eigene Atomwaffen verfügen. Im Rahmen der Nato-Zusammenarbeit haben aber auch die USA 150 bis 200 Atomsprengköpfe in Belgien, Deutschland, Italien, den Niederlanden und der Türkei stationiert. 

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Die Russen verfügen über das grösste Nuklearwaffen-Arsenal der Welt.

Macron macht das Angebot an Verbündete nach einer Aussage des vermutlich zukünftigen deutschen Kanzlers Friedrich Merz (69). Weil sich Europa nach Amtsantritt des unberechenbaren US-Präsidenten Donald Trump (78) kaum mehr auf die USA als Partner verlassen kann, will Merz die beiden europäischen Atommächte um nuklearen Schutz für Deutschland bitten. 

Würde Macron den Knopf drücken?

Für viele Militärexperten ist klar: Um Russland abzuschrecken, braucht es Atomwaffen. Die Frage aber ist, wie sich Europa in dieser Frage organisiert. Kann Frankreich wirklich die USA ersetzen? Liviu Horovitz (41), Experte für nukleare Abschreckung bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, glaubt dies nicht. Er sagt gegenüber Blick: «Die Sprengköpfe genügen den Franzosen und Briten, um ihre eigenen Länder zu schützen. Wenn es aber um den Schutz von weiteren Ländern geht, ist die Anzahl und Zusammensetzung im Vergleich zu Russland zu wenig.»

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Kommt dazu, dass die französischen Nuklearstreitkräfte nicht zur Nato-Abschreckung gehören. Heisst: Macron allein hätte die Befugnis, über einen Einsatz zu entscheiden. 

Kann Deutschland die Bombe bauen?

In Deutschland finden daher Diskussionen darüber statt, ob das Land selber eine Atommacht werden soll. Technisch wäre dies möglich, rechtlich aber ist das ausgeschlossen, weil Deutschland einen Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet hat. 

Laut Experten dürfte das Thema in Deutschland, das bisher aussenpolitisch immer den Verzicht von Atomwaffen gepredigt hatte, dann auch nicht über Diskussionen hinauskommen. Horovitz: «Ich kenne niemanden in einer Entscheidungsposition, der das eine gute Idee findet.» Denn es sei fraglich, ob Deutschland dafür bei seinen Partnern in Europa auf Zustimmung stiesse, weil damit die europäische Ordnung ins Wanken geriete. In Grossbritannien und Frankreich handle es sich um eine andere Situation. Da habe sich das Atomprogramm der Siegermächte des Zweiten Weltkrieges historisch entwickelt. 

Ohne Nato gehts nicht

Die Lösung in der atomaren Abschreckung liegt für Horovitz trotz eines unberechenbaren Trump immer noch in der transatlantischen Zusammenarbeit. Er vertraut auf die Einsatzbereitschaft der Nato. «Die Nato ist mit ihren Fähigkeiten immer noch die Primärlösung für eine Abschreckung und Verteidigung Europas, ganz besonders, wenn es um Nuklearwaffen geht.»

Auch Dan Smith (73), Direktor des Stockholm International Peace Research Institut (Sipri), das sich auch mit atomarer Aufrüstung befasst, sieht die Lösung nicht in der eigenen atomaren Verteidigung Europas. Vielmehr glaubt er, dass sich Europa mit konventionellen Waffen stärken müsse. 

Smith sagt gegenüber Blick: «Wenn ein nicht nukleares Europa über genügend konventionelle Streitkräfte verfügen würde, gäbe es nichts, was Russland durch eine nukleare Bedrohung gewinnen könnte. Bereits eine nicht nukleare Vergeltung Europas wäre dann für Russland verheerend.»

Wie gross ist überhaupt die Gefahr, dass es in Europa zu einem Atomschlag kommt? Nuklearexperte Horovitz hält dies für unwahrscheinlich. Nuklearwaffen seien «politische Waffen, die der Abschreckung dienen und Optionen von Akteuren einschränken» sollen. Horovitz: «Einen Nuklearkrieg will niemand.» 

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