Es war ein Ausdruck tiefster Verachtung – wie ein Schlag ins Gesicht, auf politische Art und Weise. Nachdem der FDP-Mann Thomas Kemmerich (54) sich mit Hilfe der AfD zum Thüringer Ministerpräsidenten wählen liess, warf ihm die Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow (42) wortlos den Blumenstrauss vor die Füsse. Es wirkte, als hätte sie vor ihm auf den Boden gespuckt.
Der Moment sorgte für Schlagzeilen. Jetzt sprach Hennig-Wellsow über diesen Moment in der ZDF-Sendung «Markus Lanz». «Nein, ich bereue das keine Sekunde», sagte sie. Denn man könne Kemmerich nicht nur einfach Naivität unterstellen. Sie glaube eher, dass Kemmerich die Wahl aus einem ganz bestimmten Grund annahm. «Ich glaube, es war reine Machtgeilheit.»
«Tiefe Verachtung und Schock»
In der ZDF-Sendung spricht sie über den Moment, als das Ergebnis verkündet worden sei. Sie habe «tiefe Verachtung und Schock gegenüber Herrn Kemmerich» gespürt. Nur wenige Tage vor der Wahl habe sie noch mit einem KZ-Überlebenden von Buchenwald gesprochen. «Ich hatte im Kopf: Wie soll ich das meinem Freund Günter Pappenheim mit seinen 94 Jahren erklären, dass sich Faschisten hier ihren eigenen Ministerpräsidenten wählen?»
Das sei nicht einfach ein Fehler gewesen, der passiert sei, sondern ein Tabubruch, der die ganze Bundesrepublik erschüttere. Dies werde Folgen haben, befürchtet sie: «Dieser Dammbruch wird jetzt auch andere Landtage erreichen.» (neo)