Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (66) hat am Dienstagabend wohl in letzter Sekunde eine militärische Eskalation zwischen Griechenland und der Türkei abwenden können.
Mehrere Kriegsschiffe beider Armeen waren schon auf dem Weg zur grenznahen griechischen Mittelmeerinsel Kastellorizo, bei der die Türkei Probebohrungen für Erdgas durchführen wollte. Auch Kampfjets hatten beide Staaten aufsteigen lassen.
Wie die «Bild»-Zeitung berichtet, steuerten 18 türkische Schiffe auf die Insel zu, wo sie Kriegsschiffen der Griechen gegenübergestanden hätten. In dieser Situation hätte es durchaus zu einer Eskalation der beiden Nato-Staaten kommen können.
Telefonat nach Athen und Ankara
Laut dem Bericht telefonierte Merkel im letzten Moment mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan (66) sowie dem griechischen Premierminister Kyriakos Mitsotakis (52), um zwischen den beiden Konfliktparteien zu vermitteln.
Das gelang ihr mit Erfolg. Die türkische Flotte drehte um 180 Grad. Die Lage hat sich – wenigstens vorübergehend – beruhigt.
Streit um Bodenschätze
Die beiden Staaten liegen sich wegen der Suche nach Bodenschätzen im Mittelmeer schon lange in den Haaren. Am Dienstagmorgen hatte die Türkei angekündigt, südlich der Insel Kastellorizo nach Gas suchen zu wollen. Die Insel befindet sich nur drei Kilometer vor der Südküste der Türkei. Die umliegenden Gewässer und möglichen Rohstoffvorkommen werden von beiden Regierungen als jeweils eigene «Ausschliessliche Wirtschaftszone» beansprucht.
Das griechische Aussenministerium liess verlauten: «Wir fordern die Türkei auf, ihre illegalen Aktivitäten, die unsere souveränen Rechte verletzen und Frieden und Sicherheit in der Region untergraben, unverzüglich einzustellen.»
Auch der deutsche Aussenminister Heiko Maas (53), der am Dienstag in Athen weilte, wurde deutlich. Er forderte die Türkei auf, die Gas- und Ölbohrungen im östlichen Mittelmeer zu beenden.
Sanktionen der EU gegen die Türkei
Erdogan hatte bereits im Januar angekündigt, «so schnell wie möglich» in einem mit Libyen vereinbarten Gebiet im Mittelmeer nach Erdgas zu suchen. Das Vorhaben betrifft auch potenziell erdgasreiche Regionen südlich von Kreta, die aus griechischer Sicht zur sogenannten Ausschliesslichen Wirtschaftszone des EU-Landes gehören. Nach türkischer Lesart haben Inseln wie Kreta zwar Hoheitsgewässer, aber keine Ausschliessliche Wirtschaftszone.
Ankara führt bereits Bohrungen vor Zypern durch – ohne die Genehmigung der Regierung der Republik Zypern. Die EU-Staaten hatten deshalb einen rechtlichen Rahmen für Sanktionen gegen die Türkei geschaffen.
Streit auch wegen Hagia Sophia
Zusätzlich Öl ins Feuer goss die Türkei mit dem Entscheid, die ehemalige christliche Kirche und das heutige Museum Hagia Sophia in Istanbul in eine Moschee umzuwandeln.
Das Gebäude wurde im 6. Jahrhundert erbaut und war Hauptkirche des Byzantinischen Reichs, von dem das heutige Griechenland immer noch stark geprägt ist. Athen bezichtigte die Türkei, einen «historischen Fehler» begangen zu haben, der mit Konsequenzen verbunden sei. (gf)