Er will die Türkei um elfmal die Schweiz vergrössern
Erdogan im Grössenwahn

Die Türkei hat eine Karte präsentiert, auf der ihre neuen Ansprüche am Meer zu sehen sind. Die Griechen toben, denn auch ein paar ihrer Inseln zählen dazu.
Publiziert: 04.12.2019 um 16:22 Uhr
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Aktualisiert: 30.03.2021 um 16:11 Uhr
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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan präsentiert die Karte mit «Mavi Vatan», der «Blauen Heimat». Das blaugefärbte Meer entspricht den neuen Ansprüchen.
Foto: Euronews Screenshot
Guido Felder

Die Griechen sind in Aufruhr: Ihr unbeliebter Nachbar Recep Tayyip Erdogan (65) ist auf Expansionskurs. Schockiert hat die Griechen vor allem eine Karte, vor der der türkische Präsident vor kurzem eine Ansprache gehalten hat. Die Karte zeigt die Türkei mit neuen See-Ansprüchen. Besonders brisant: In diesen Bereich fallen auch griechische Ägäis-Inseln wie Limnos, Lesbos, Chios sowie der Osten Kretas.

Vergangene Woche haute Erdogan noch einen drauf. Er hat mit Libyen ein Abkommen über gemeinsame Seegrenzen unterzeichnet, obwohl die beiden Länder laut internationalem Recht gar keine gemeinsamen Grenzen haben.

Die Blaue Heimat

Der Grund hinter der Türkei-Offensive ist klar: Es geht um Rohstoffvorkommen wir Erdöl und Gas. Der türkische Aussenminister Mevlüt Cavusoglu (51) sagte, dass der Vertrag die türkischen Rechte im östlichen Mittelmeer schützen und dafür sorgen solle, dass sein Land einen fairen Anteil der Ressourcen erhalte. Er argumentiert, dass der betroffene Meeresboden zum türkischen Festlandsockel gehöre.

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Das neu beanspruchte Seegebiet nennen die Türken «Mavi Vatan», was Blaue Heimat bedeutet. Der Begriff soll unmissverständlich auf die Ansprüche der Türkei auf Teile der Meere hinweisen. Es umfasst 462'000 Quadratkilometer, was elfmal der Fläche der Schweiz und mehr als der Hälfte der offiziellen Fläche der Türkei von 783'562 Quadratkilometern entspricht. Bereits fanden im Gebiet der Blauen Heimat türkische Marineübungen statt.

Griechen ausser sich

Anfänglich hielten sich die griechischen Behörden noch zurück. Nach dem Deal mit Libyen aber ist ihnen der Kragen geplatzt. Sie sehen das internationale Seerecht verletzt. Athen hat dem libyschen Botschafter wenige Tage Zeit gegeben, Details des Deals zu präsentieren. Der griechische Aussenminister Nikos Dendias (60): «Falls er uns das Abkommen nicht bringt, werden wir ihn am Freitag zu unerwünschten Person erklären und er wird dann gehen.»

Der Streit weitet sich auf die ganze EU aus. Schon im Juli hatten die EU-Staaten Sanktionen gegen die Türkei ergriffen, weil Erdogans Leute mit Bohrungen südlich von Zypern angefangen hatten. Die Griechen drohen nun, die Nato zu Hilfe zu holen.

Langer Streit zwischen Nachbarn

Die beiden Nachbarvölker liegen sich schon seit Jahrhunderten in den Haaren. Die Türkei hält den Norden von Zypern seit 1974 besetzt. Dort liegt die – nur von der Türkei anerkannte – Türkische Republik Nordzypern (KKTC). Die gesamte Insel ist als Republik Zypern seit 2004 EU-Mitglied. Das EU-Recht und -Regelwerk kann jedoch nicht in dem von der Türkei kontrollierten Norden der Insel angewendet werden.

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