263 Mal. So oft haben ukrainische Truppen russische Stellungen angegriffen, seitdem die ukrainische Gegenoffensive Anfang Juni begonnen hat. Das zumindest behauptet der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu (68) am Dienstag in einer Rede vor dem Verteidigungsministerium.
Dass solch hochrangige russische Beamte so offen über die Gegenoffensive sprechen und auch Verluste eingestehen, ist eine Neuheit. Laut dem amerikanischen Thinktank Institute for the Study of War (ISW) sogar ein «bemerkenswerter Unterschied zu dem Versagen es russischen Verteidigungsministeriums, eine einheitliche Antwort auf die Gegenoffensiven der Ukraine in den Gebieten Charkiw und Cherson im Herbst 2022 vorzubereiten.»
Russische Armee schlägt zurück – und zwar heftig
Damals gelang es der ukrainischen Armee innert weniger Wochen, die russischen Truppen in Cherson und Charkiw zurückzudrängen. Das lag vor allem daran, dass der Feind nicht auf diese Angriffe vorbereitet war. Das ist bei dieser Gegenoffensive anders: Die Russen schlagen zurück – und zwar mit enormer Heftigkeit, so das ISW.
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Berichte über eine heftige russische Gegenoffensive zur Gegenoffensive häufen sich in den letzten Tagen. Am Dienstag führten russische Streitkräfte Drohnen- und Raketenangriffe auf die Region Saporischschja durch. Auch am Montag hagelte es Kalibr-Raketen und Shahed-Drohnen auf die Südukraine. Dies berichtet der ukrainische Generalstab an den entsprechenden Tagen.
Und, so das britische Verteidigungsministerium auf Twitter: Russland baut seine Verteidigungslinien im Süden der Ukraine signifikant aus. Insbesondere um die Zugänge zur annektierten Halbinsel Krim graben sich die russischen Truppen ein und bereiten sich offensichtlich auf heftige Kämpfe vor. Zudem hiess es, dass die russischen Streitkräfte im Süden der Ukraine «relativ wirksame Verteidigungsoperationen» durchführten.
Russen haben Angst vor ukrainischen Angriffen
Diese aufwendigen Verteidigungsanlagen zeugen aber nicht nur von guter russischer Vorbereitung – sondern auch von russischer Angst. Laut dem Briten-Geheimdienst unterstreichen die Befestigungen die Einschätzung der russischen Führung, dass die ukrainischen Streitkräfte in der Lage sind, die Krim direkt anzugreifen. Zurecht – die ukrainischen Truppen machen Fortschritte.
Die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hanna Maliar (44) gab am Dienstag auf Telegram eine detailliertere Einschätzung des Schlachtfelds. «Alles geschieht dort nach dem vom Militär aufgestellten Plan. Es gibt Vorstösse in alle Richtungen, in die sich unser Militär bewegt. Aber der Feind will die besetzten Stellungen einfach nicht aufgeben, und deshalb gehen die heftigen Kämpfe und ein sehr starker Zweikampf weiter.»
Auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) äussert sich am Dienstagabend zur Gegenoffensive: «Jetzt zerstören unsere Kämpfer den Feind sehr aktiv im Süden und im Osten und reinigen die Ukraine physisch», sagte Selenski in einer Videobotschaft. Und kündigt an: «Das wird in der Zukunft weitergehen.»