Kreml-Kritiker berichtet erstmals über seinen Alltag im Straflager
Nawalny muss stundenlang unter einem Porträt von Putin sitzen

Der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat sich erstmals über seine Haftzustände geäussert. Er ist nicht zu beneiden. So wird Nawalny unter anderem gezwungen, stundenlang unter einem Porträt von Wladimir Putin zu sitzen.
Publiziert: 02.07.2022 um 16:41 Uhr
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Auf Facebook hat sich der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny über die Zustände im Gefängnis geäussert.
Foto: IMAGO/SNA

Der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny (46) ist wirklich nicht zu beneiden. Seit Januar 2021 sitzt Wladimir Putins (69) Erzfeind Nummer eins im russischen Knast. Lange hat man nichts mehr von ihm gehört – bis jetzt.

Auf Facebook hat sich Nawalny jetzt erstmals über die Zustände im Gefängnis geäussert. Die Erzählungen haben es in sich. So werde er nach eigenen Angaben gezwungen, an fünf Tagen pro Woche jeweils sieben Stunden täglich zu nähen. Anschliessend muss Nawalny eine weitere Schmach über sich ergehen lassen.

Muss stundenlang unter einem Porträt von Putin sitzen

Er wird aufgefordert, stundenlang auf einer Holzbank unter einem Porträt von Wladimir Putin zu sitzen. Sogar am Sonntag, eigentlich sein freier Tag, muss Nawalny das Prozedere durchlaufen und mit anderen Gefangenen satte zehn Stunden auf der Holzbank sitzen. Für den Kreml-Kritiker ist klar, warum er das tun muss. «Das nennt sich Erziehungsmassnahme», schreibt er. Nawalnys Anhänger sprechen gar von Folter.

Im Januar 2021 war Nawalny nach seiner Rückkehr aus Deutschland umgehend festgenommen worden. Er hatte sich damals in Berlin von einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok erholt, für den er den Kreml verantwortlich macht. Dieser hat die Vorwürfe bereits mehrfach zurückgewiesen. Recherchen verschiedenster Medien haben aber gezeigt, dass der Kreml fast sicher seine Hände im Spiel hatte. So sollen acht Agenten des russischen Geheimdienstes FSB am Giftanschlag beteiligt gewesen sein.

«Ein Gefängnis im Gefängnis»

Nawalny wurde im Juni von einer Strafkolonie in Pokrow in ein anderes Gefängnis verlegt. Es sei «eines der furchterregendsten Gefängnisse Russlands», liessen Nawalnys Anhänger verlauten. Der Kreml-Kritiker selber hat die Haftanstalt als «Gefängnis im Gefängnis» bezeichnet. Rund um seine Gefängnisbaracke führe ein sechs Meter hoher Zaun.

Hatten Kritiker von Wladimir Putin bereits vor Nawalnys Verhaftung einen schweren Stand, ist die Situation nun noch schlimmer geworden. Besonders seit Beginn des Ukraine-Kriegs gehen die Behörden mit aller Härte gegen kritische Stimmen und unabhängige Medien vor. Nawalnys Organisationen wurden verboten. Er selber und auch seine Mitarbeiter wurden von den Behörden auf die Liste von «Terroristen und Extremisten» gesetzt. (ced)


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