Putin schickt Militär in die Region Kursk
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Nach Angriff der Ukraine:Putin schickt Militär in die Region Kursk

Kreml-Herrscher «kocht vor Wut»
Ukraine-Invasion in Russland bei Kursk ist «Schlag ins Gesicht» Putins

Auf einen Schlag haben russische Medien ihren Kriegsfokus weg von der Front auf Südrussland gerichtet. Dort marschierten überraschend ukrainische Truppen ein. Putins Ruf als Beschützer des Vaterlandes ist angeschlagen, heisst es aus Kreml-Nähe.
Publiziert: 11.08.2024 um 05:20 Uhr
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Aktualisiert: 11.08.2024 um 08:47 Uhr
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Der überraschende Vorstoss der Ukraine Mitte Woche in Südrussland bei Kursk hat auch Kreml-Chef Wladimir Putin überrumpelt.
Foto: Keystone
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (45) hat sich erstmals zum bislang grössten Vorstoss seiner Truppen auf russisches Gebiet seit Kriegsbeginn geäussert. Er wolle den Krieg «verlagern», so Selenski am Samstag in seiner täglichen Ansprache. Selenski spricht von einer «Verlagerung des Krieges auf das Territorium des Aggressors».

«Schlag ins Gesicht» Putins

Mittlerweile sind aus dem Kreml Anflüge von Schock bis hin zu Panik zu vernehmen. «Der überraschende Einmarsch der Ukraine in die russischen Grenzregionen Kursk und Lipezk hat das russische Militär verblüfft und war für Präsident Wladimir Putin (71) persönlich ein ‹Schlag ins Gesicht›». Dies schreibt der langjährige Kreml-Insider Pjotr Koslow unter Berufung auf hochrangige russische Beamte, die Putin seit Jahren kennen.

Der heute unabhängige russische Politjournalist Koslow hatte früher als Journalist im Kreml gearbeitet, mit Schwergewicht auf russischer Aussenpolitik. In seinem neuesten wöchentlichen Newsletter schreibt Koslow, die «laufende Offensive, die Russland drei Tage lang nicht abwehren konnte, hat Russlands Defizite in der territorialen Verteidigung offengelegt.»

«Schwerer Schlag» auch für russische Führung

«Putin», titelt Koslow, «kocht vor Wut. Der Chef» – Putin – «ist in schlechter Laune. Er wurde wahrscheinlich nicht mehr so gesehen, seit unsere russische Armee im Herbst 2022 zum Rückzug aus Cherson gezwungen wurde.» Mit diesen Worten zitiert Kozlow einen von mehreren interviewten Beamten im Kreml, denen er Anonymität zusichert.

Spitzenleute in der russischen Regierung sowie führende Geschäftsleute aus dem Kreml-Umfeld seien fassungslos, berichtet auch die «Washington Post». «Dies ist ein schwerer Schlag für den Ruf der russischen Behörden, des Militärs und Putins», sagt ein russischer Geschäftsmann, der wie alle anderen Quellen anonym bleiben will, um keine Vergeltung oder Strafverfolgung zu riskieren.

«Seit zweieinhalb Jahren gab es nur minimale Schäden auf russischem Territorium», so der Geschäftsmann. «Jetzt ist unklar, wie viele Opfer es gab. Es gab einige Zerstörungen. Klar» dagegen sei, dass Putins Russland «nicht in der Lage ist», den Einmarsch «schnell zu stoppen».

Kalter Blick des Kreml-Herrschers

Schon ein am Mittwoch vom Kreml veröffentlichtes Video zeigt, wie Putin mit kaltem Blick den Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte fixierte, Waleri Gerassimow (68). 

Dieser soll Warnungen ignoriert und Putin offenbar nicht über den feindlichen Truppenaufmarsch informiert haben.

Ukraine tat «das am wenigsten Offensichtliche»

Putin sprach von einer «weiteren grossen Provokation» Kiews. «Vor allem aber», analysierte auch CNN, «war es eine Demütigung für einen russischen Staat, der sich rühmt, das Vaterland zu schützen.»

Die Ukraine habe «das am wenigsten Offensichtliche getan» und Putin mit dem Überraschungsangriff auf Südrussland in Not gebracht.

Experte: Kursk-Manöver könnte das militärische Ende der Ukraine einleiten

Im «Spiegel» schätzt der Militärexperte Gustav C. Gressel die Lage ein. Er warnt, dass die Ukraine durch die riskante Operation mehr verlieren als gewinnen könne: «Die Ukraine ist in einer verzwickten Lage. Durch die geringe Militärhilfe der Partner kann sie den Krieg rein konventionell kaum gewinnen. Daher versucht sie es mit riskanten Operationen.»

«Im besten Falle», so Gressel, «gelingt es den Russen nicht, die Ukrainer aufzuhalten. Den Ukrainern gelängen noch weitere Geländegewinne. Sie würden ein zusammenhängendes Territorium kontrollieren – samt wichtiger strategischer Infrastruktur wie dem Kernkraftwerk Kursk. Putin würde sich auf Verhandlungen einlassen», so Gressel.

Am Ende davon stünde ein Abkommen. Russland und die Ukraine würden Gebiete austauschen – etwa Kursk gegen die besetzten Gebiete um Charkiw. Und es gäbe eine Art Waffenstillstand.

Worst-Case-Szenario

Doch auch ein Worst-Case-Szenario will der Experte nicht ausschliessen: «Putin würde mehr Militär nach Kursk schicken. Sie würden die Ukraine zunächst aufhalten und dann zermürben. Weil der Vorstoss innenpolitisch populär bliebe, würde die Ukraine nicht mehr zurückweichen.»

Die Kämpfe würden Ressourcen verbrauchen, die man im Osten bräuchte. Den Brigaden der Ukraine ginge im Donbass die Kraft aus: «Sie könnten die Front nicht mehr halten, bis sie zusammenbräche. Dann müsste die Ukraine Kursk räumen und ihre Kräfte wieder gen Osten werfen. Dort käme es zu grösseren Gebietsverlusten. Putin würde wieder hoffen, den Krieg militärisch gewinnen zu können.»

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