Klimaschutz, Stromnetze, Bahn
Zerstrittene Ampelkoalition kann sich doch noch einigen

Diese Marathonsitzung hätte den grossen Bruch in der zerstrittenen deutschen Ampelkoalition bedeuten können. Hätte – denn am Dienstag gelang es SPD, Grünen und FDP sich auf mehrere Beschlüsse zu einigen.
Publiziert: 28.03.2023 um 21:28 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2023 um 22:31 Uhr
Schnellere Planung bei Bahn, Stromnetzen, aber auch bei Strassen und weitreichende Änderungen im Klimaschutzrecht. Auf diese und weitere Punkte haben sich die Ampel-Parteien in stundenlangen Beratungen verständigt.
Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen

Fast drei Tage Ringen hinter verschlossenen Türen. Am Ende habe sich das alles gelohnt, verkündeten die Spitzen der Ampel-Koalition am Dienstagabend. «Wir haben echte Durchbrüche erzielt, wirkliche Paradigmenwechsel und deshalb spricht das Ergebnis einfach für sich», sagte FDP-Chef Christian Lindner (44) nach dem Verhandlungsmarathon des Koalitionsausschusses in Berlin. Wenn das immer so laufe, «dann sollten wir zukünftig jeden Monat drei Tage in Klausur gehen».

«Der mühselige Arbeits- und Verhandlungsprozess, den sich die Koalitionsparteien und meine Regierung jetzt vorgenommen haben, ist ja stellvertretend für die ganze Gesellschaft auf ihrem Weg in eine wirtschaftlich erfolgreiche Moderne», sagte Kanzler Olaf Scholz (64). Bedeutet: So zerstritten, wie sich die Koalition zuletzt präsentierte, so uneins sei auch die Gesellschaft, wenn es um den Klimaschutz und seine Kosten gehe. Schon vor Ende versprach der Kanzler überschwänglich «sehr, sehr, sehr gute Ergebnisse».

Schnellere Planung bei Bahn, Stromnetzen, aber auch bei Strassen und weitreichende Änderungen im Klimaschutzrecht. Auf diese und weitere Punkte haben sich die Ampel-Parteien in stundenlangen Beratungen verständigt. Vor allem um die Frage, welche Planungsverfahren beschleunigt werden, war zuvor erbittert gerungen worden. Am Ende standen diese Beschlüsse:

Planungsbeschleunigung

Die Planungsverfahren für alle grossen Infrastrukturprojekte sollen gestrafft und schneller vorangetrieben werden. Genannt wurden der Ausbau der Bahn, der Strasse und der Energienetze sowie insbesondere der erneuerbaren Energien.

Strassenausbau

Bei Strassen soll dies für 144 Autobahnprojekte gelten, mit dem Schwerpunkt auf der Beseitigung vorhandener Engpässe. Zudem soll bei neuen Autobahnen verpflichtend die Möglichkeit zum Bau von Solaranlagen in deren Randbereich genutzt werden.

Bahn-Investitionen

Das notwendige Investitionsvolumen bei der Bahn wird auf 45 Milliarden Euro bis 2027 beziffert. Zur Finanzierung sollen künftig auch Einnahmen aus der LKW-Maut herangezogen werden, die dazu ab kommendem Jahr um einen CO2-Aufschlag erhöht werden soll. 80 Prozent der Mehreinnahmen sollen dann dem Schienennetz und dem Bahnverkehr zugutekommen.

Elektromobilität und E-Fuels

Die Elektromobilität soll durch einen Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur vorangebracht werden. Zugleich will die Koalition eine Strategie für Einfuhren von E-Fuels entwickeln, also CO2-neutralen synthetischen Kraftstoffen. Im Steuerrecht sollen alle CO2-neutralen Fahrzeuge gleich behandelt werden.

Klimaschutz

Das Klimaschutzgesetz soll in zentralen Punkten umgebaut werden. Statt der bislang strikten jährlichen Emissionsvorgaben für einzelne Bereiche wie Energie, Industrie, Verkehr und Gebäude soll es möglich sein, Zielverfehlungen in einem Sektor in einem anderen auszugleichen. Grundsätzlich sollen die Sektorziele aber bestehen bleiben. Statt der festen Jahresziele soll stärker auf einen längeren Zeitraum geblickt werden, zum Beispiel bis 2030. Bekräftigt wird, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein soll.

Naturschutzrecht

Zur Planungsbeschleunigung sollen auch Änderungen im Naturschutzrecht beitragen. Der bisherige Grundsatz, wonach es für den Verlust von Naturflächen Kompensationen auf anderen Flächen geben muss, soll aufgeweicht werden. Stattdessen soll die Kompensation auch in Form einer Geldleistung erfolgen können.

Wärmewende

Die Ampel-Parteien bekennen sich zu dem Ziel, von fossilen Heizungen künftig möglichst wegzukommen und diesen Umbau sozial abzufedern. Vorgaben für neu eingebaute Heizungen sollen sicherstellen, dass auch dieser Bereich klimafreundlich umgestaltet wird. Gefördert werden soll dies mit Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds. Möglich bleiben sollen beispielsweise auch Heizungen, die mit «grünem» aus erneuerbaren Energien oder «blauem» CO2-neutral aus Erdgas gewonnenem Wasserstoff oder mit Biomasse betrieben werden. Eine Austauschpflicht für bestehende Heizanlagen soll es aber nicht geben.

Haushalt

Die beschlossenen Massnahmen sollen keine zusätzlichen Kosten im Bundeshaushalt verursachen. (AFP/SDA)

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