Der deutschen Regierung droht der Bruch wegen Tempo, Armee, Heizungen und viel Geld
Diese Themen bringen die Ampelkoalition ins Wanken

Für eine gemeinsame Regierung hatten sie sich zusammengerauft. Nun aber sind die deutschen Ampelparteien SPD, Grüne und FDP zerstritten. Wenn die Spitzengespräche nicht fruchten, droht der Bruch. Blick erklärt die Streitpunkte.
Publiziert: 28.03.2023 um 16:40 Uhr
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Aktualisiert: 28.03.2023 um 20:57 Uhr
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Helikopter-Shuttle nach einer der Koalitionssitzungen (v.l.): Kanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Justizminister Marco Buschmann, Verkehrsminister Volker Wissing, Aussenministerin Annalena Baerbock.
Foto: IMAGO/Chris Emil Janßen
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Guido FelderAusland-Redaktor

In der deutschen Regierung fliegen die Fetzen. Die drei Koalitionsparteien SPD, Grüne und FDP, die sich 2021 in einem Vertrag auf Regierungsschwerpunkte geeinigt hatten, streiten sich nun über deren Ausführung. Es geht um viel Geld: Die einzelnen Ministerien melden Mehrausgaben von rund 70 Milliarden Euro an. FDP-Finanzminister Christian Lindner (44) geht das viel zu weit. Er steht auf die Bremse.

Seit Sonntagabend finden in Berlin Spitzengespräche der Ampelkoalition statt – SPD rot, Grüne und FDP gelb – mit dem Ziel, Kompromisse zu finden. Der Politikwissenschaftler Jürgen Falter (79) sieht wegen der aktuellen Konflikte den Fortbestand der Koalition gefährdet. Zwischen SPD-Kanzler Olaf Scholz (64) und Christian Lindner könne es zu einem Bruch kommen, sagte er der «Bild».

Wenn der Bundeskanzler sich nicht auf die Seite des Finanzministers stelle und ihm im Streit um Haushaltsdisziplin und Schuldenbremse klar den Rücken stärke, bleibe Lindner «nichts anderes übrig als zurückzutreten», so Falter. «Damit wäre die Koalition am Ende.»

Das sind die Streitthemen

Heizungsumbau: Der grüne Klima- und Wirtschaftsminister Robert Habeck (53) fordert, dass ab 2024 nur noch Heizungen eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das bedeutet praktisch ein Aus für neue Öl- und Gasheizungen.

Wer umsteigt, soll mit einem einkommensabhängigen, milliardenschweren Förderprogramm unterstützt werden. Die FDP befürchtet steigende Bau- und Mietkosten und pocht auf moderne Technologien. Habeck ist verärgert, weil seine noch geheimen Pläne via Medien an die Öffentlichkeit drangen.

Ausbau Autobahnen: Die Grünen fordern von FDP-Verkehrsminister Volker Wissing (52) Sofortmassnahmen, um den CO2-Ausstoss dauerhaft zu senken. Dazu gehört auch, dass der Bau von Bahnstrecken und Brücken vorgezogen werden soll. Die FDP fordert auch den Einbezug der Autobahnen.

Zudem kämpft die FDP gegen ein generelles Tempolimit und den Abbau bestimmter Strassen-Subventionen. Sie will auch, dass in der EU nach 2035 noch Verbrenner zugelassen werden, die mit Ökostrom erzeugtem künstlichem Kraftstoffe fahren.

Kindergrundsicherung: Kindergeld, Kinderzuschlag, Hartz IV, Wohngeld – das Bündel von finanziellen Hilfen soll durch eine Kindergrundsicherung abgelöst werden. Die Zahlungen sollen einiges höher ausfallen und pro Kind maximal 500 Euro betragen. Um die Schuldenbremse einhalten zu können, wehrt sich die FDP gegen die Mehrausgaben. Sie fordert vor allem eine Digitalisierung und Vereinfachung der Familienleistungen.

Verteidigungsausgaben: SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius (63) fordert zusätzliche 10 Milliarden Euro für die Bundeswehr. FDP-Lindner plädiert aber dafür, das Geld aus dem 100 Milliarden schweren Sondervermögen für die Bundeswehr zu verwenden.

Aktienrente: Um die Rentenversicherung zu finanzieren, will der Staat Geld gewinnbringend anlegen. In diesem Jahr fliessen dafür 10 Milliarden Euro in einen Fonds. Das ist der FDP zu wenig: Statt einmalig will sie mindestens 15 Jahre lang jährlich 10 Milliarden einzahlen.

Ausbau Kanzleramt: Weil im Kanzleramt heute nur 400 der 770 Angestellten Platz haben, möchte SPD-Kanzler Olaf Scholz die Pläne für ein zweites Gebäude vorantreiben. Für Lindner völliger Unsinn: «Ich glaube, dass in Zeiten von Homeoffice und ortsflexiblem Arbeiten ein mindestens 800 Millionen Euro teurer Neubau neben dem Kanzleramt entbehrlich ist.»


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