Auf den ersten Blick wirkt die Stahlscheune ausserhalb von Vilnius, der Hauptstadt von Litauen, unscheinbar. Ein umzäuntes Gelände in der Natur. Doch darin müssen sich grauenhafte Szenen abgespielt haben. Agenten des US-Geheimdienstes CIA nutzten das Objekt, um unbemerkt Terrorverdächtige zu foltern.
Die Anlage, die auch als «Project No. 2» oder als «Detention Site Violet» bekannt ist, verfügt über eine eigene Strom- und Wasserversorgung. Fenster gibt es so gut wie keine und die zehn Räume sind schallisoliert.
Dort «konnte man tun, was man wollte», sagte Arvydas Anusauskas, der im Jahr 2010 eine Untersuchung des litauischen Parlaments zu diesem Ort leitete, zur Nachrichtenagentur «Reuters».
Litauen wurde für die Folter im eigenen Land verurteilt
Trotz der Ermittlungen ist bis heute nicht vollends geklärt, was in dem geheimen Gefängnis passiert ist. Nur so viel ist bekannt: Die Terrorverdächtigen wurden offenbar ständigem Licht und Lärm ausgesetzt, um sie mürbe zu machen.
Für die Folter im eigenen Land wurde Litauen vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Anfang dieses Jahres wegen Menschenrechtsverletzungen zu einer Geldstrafe verurteilt.
Die Richter sahen es als erwiesen an, dass in dem baltischen EU-Land von Februar 2005 bis März 2006 ein CIA-Gefängnis existiert habe. Litauen bestreitet dies. Zudem musste das Land 2018 bereits 130'000 Euro an einen Palästinenser zahlen, der in dem Gefängnis festgehalten worden war.
«Drücken keine Knöpfe»
Nach der Folter durch die Amerikaner wurde das Gelände von 2007 bis 2018 als Ausbildungsstätte vom litauischen Geheimdienst genutzt. Neulinge wurden offenbar mit verbunden Augen und gefesselt zu der Stahlscheune gebracht.
Nun will Litauen sich von der ganzen Sache distanzieren und damit abschliessen. Das Gefängnis soll verkauft werden. Selbst den Behörden graut es vor diesem Ort. «Wir drücken keine Knöpfe, damit wir nicht aus Versehen irgendetwas einschalten», sagte ein Mitarbeiter des Immobilienfonds über die Anlage, wie die britische Zeitung «The Guardian» berichtet. Der Preis für das Folter-Gefängnis ist noch nicht bekannt. (jmh)