Whistleblower-Polizist erzählt über Uiguren-Tortur
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Folter bis zum Geständnis:Whistleblower-Polizist erzählt über Uiguren-Tortur

Elektroschocks, Schlafentzug, Waterboarding
Chinesischer Ex-Polizist berichtet über Folter an Uiguren

Ein ehemaliger chinesischer Polizist berichtet im US-Nachrichtensender CNN, er habe in der Unruheprovinz Xinjiang Hunderte unschuldige Uiguren verhaftet. Die Gefangenen seien systematisch misshandelt worden.
Publiziert: 05.10.2021 um 21:02 Uhr
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Aktualisiert: 06.10.2021 um 20:11 Uhr
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Sein Pseudonym ist Jiang: Der Mann will anonym bleiben, um sich und seine in China verbliebenen Familienmitglieder zu schützen.
Foto: Screenshot CNN

Hunderte von bewaffneten Polizisten gehen in den uigurischen Gemeinden im Westen Chinas von Haus zu Haus, holen Menschen aus ihren Häusern, legen ihnen Handschellen an und drohen, sie zu erschiessen, wenn sie sich wehren. So schildert ein Chinese im Exil das Vorgehen der Regierung gegen angeblich unschuldige Uiguren. Der Mann, der anonym bleiben will, um seine in China verbliebenen Familienmitglieder zu schützen, wurde eigenen Angaben zufolge einst als Polizist in die Unruheregion Xinjiang abgesandt.

In einem Interview mit dem amerikanischen Nachrichtensender CNN berichtet der Mann unter dem Pseudonym «Jiang» über systematische Folter gegen ethnische Uiguren und über die Gefangenenlager in der Region. China streitet seit Jahren ab, Menschen nur aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit zu internieren. Peking vertritt offiziell die Position, Separatismus und islamistischen Terrorismus in Xinjiang zu bekämpfen.

«Sie sind ganz normale Menschen»

Jiang berichtet, er sei an der Verhaftung Hunderter Menschen beteiligt gewesen. «Wir haben sie alle über Nacht gewaltsam mitgenommen», sagt er. Den Verdächtigen würden Terrorvergehen vorgeworfen. Aber er glaube, dass keiner der Gefangenen ein Verbrechen begangen habe. «Sie sind ganz normale Menschen.»

Anschliessend seien die Verhafteten in Internierungszentren der Polizei gebracht worden. Dort habe man sie so lange gefoltert, bis sie ein Geständnis abgelegt hätten. Die Methoden: Anketten an Stühle, Aufhängen an der Decke, sexuelle Gewalt oder Waterboarding.

«Wenn man will, dass die Leute gestehen, benutzt man einen elektrischen Schlagstock mit zwei scharfen Spitzen an der Spitze», sagt Jiang. «Wir binden zwei elektrische Drähte an die Spitzen und setzen die Drähte an die Genitalien, während die Person gefesselt ist.»

Die Gefangenen seien oft gezwungen worden, tagelang wach zu bleiben. Zudem wurden ihnen laut Jiang Nahrung und Wasser verweigert. «Jeder wendet andere Methoden an. Manche verwenden sogar ein Brecheisen oder Eisenketten mit Schlössern», sagt Jiang. «Polizisten stehen Verdächtigen aufs Gesicht und fordern sie auf, zu gestehen.»

Keine unabhängige Bestätigung

Während seiner Zeit in Xinjiang wurde laut Jiang jeder neue Häftling während des Verhörs geschlagen – darunter Männer, Frauen und Kinder im Alter von 14 Jahren. CNN konnte seine Behauptungen nicht von unabhängiger Seite bestätigen lassen. Die Schilderungen stimmen jedoch mit Berichten von Exil-Uiguren überein. Mehr als 50 ehemalige Gefangene aus Xinjiang haben zudem gegenüber Amnesty International für einen 160-seitigen Bericht ausgesagt.

Um den Wahrheitsgehalt seines Zeugnisses zu unterstreichen, zeigte Jiang CNN seine alte Polizeiuniform. Zudem legte er Fotos und offizielle Dokumente seiner Zeit in China vor. Jiang sagt, unter den Polizeibeamten sei allgemein bekannt gewesen, dass in einem einzigen Jahr 900'000 Uiguren und andere ethnische Minderheiten in der Region inhaftiert worden seien. Das US-Aussenministerium schätzt, dass seit 2017 bis zu zwei Millionen Uiguren und andere ethnische Minderheiten in Internierungslagern in Xinjiang festgehalten wurden.

Angst vor Rückkehr ins Heimatland

Jiang berichtet, dass er aufgrund der zunehmenden Korruption schon vor seiner Zeit in Xinjiang von der kommunistischen Partei Chinas «enttäuscht» gewesen sei. Die Provinz Xinjiang sei wie eine Kriegszone behandelt worden. «Ich war überrascht, als ich das erste Mal dorthin ging», sagt er. «Überall gab es Sicherheitskontrollen. Viele Restaurants und Lokale sind geschlossen.»

Wenn er sich den Befehlen widersetzt hätte, wäre er selber verhaftet worden, sagt Jiang. Der Exil-Chinese ist sicher, dass er nie mehr in sein Heimatland zurückkehren kann. «Sie würden mich halb totschlagen.» Die Tatsache, dass er für die Uiguren spreche, bedeute, dass er wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung angeklagt werden könnte. «Ich könnte wegen allem Vorstellbaren angeklagt werden.» (noo)

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