Wladimir Putin (69) fühlt sich in die Enge getrieben, seine Invasion der Ukraine verläuft nicht nach Plan. Seine Reaktion ist eine weitere Eskalationsdrohung im Konflikt. Und diese Drohung hat es in sich: Er wolle im Krieg «auf alle Mittel» zurückgreifen.
Dies weckt Befürchtungen, dass zum ersten Mal seit 1945 wieder eine Atomwaffe zum Einsatz kommen könnte. Heute verfügt Russland mit rund 6257 Atomsprengköpfen über das grösste Atomwaffenarsenal der Welt. Wie könnte ein solcher Atomschlag aus Russland aussehen?
Russland wird Atomwaffe über der Ukraine abwerfen
James Cameron vom Oslo Nuclear Project sagte zur «Washington Post», dass Russland die taktische Atomwaffe hoch über der Ukraine oder über dem Schwarzen Meer zur Explosion bringen würde. Möglich wäre auch ein Abwurf über einem dünn besiedelten Gebiet.
Und nicht nur das: Auch ein atomarer Anschlag auf eine ukrainische Stadt ist laut Cameron denkbar. Zudem könnte Putin diese unterschiedlichen Angriffstaktiken nacheinander einsetzen und somit mehrere Atomangriffe auf die Ukraine verüben.
Mit diesem Manöver wolle Putin die Ukraine nicht auslöschen, sondern Kiew in die Knie zwingen und die westlichen Verbündeten spalten.
Taktische Atomwaffen haben zerstörerische Kraft
Wie die «Welt» schreibt, gehen westliche Experten davon aus, dass Moskau dabei eine oder mehrere taktische Atombomben einsetzen würde. Deren Wirkungskreis und in der Regel auch die Sprengkraft sind deutlich geringer als bei strategischen Waffen und reicht von 0,3 bis 100 Kilotonnen.
Zum Vergleich: Strategische Kernwaffen haben eine theoretische Sprengkraft von bis zu 100 Megatonnen. Russland testete zuletzt 1961 eine 58-Megatonnen-Bombe. Der grösste nukleare Sprengkopf der USA hat allerdings «nur» eine Sprengkraft von 1,2 Megatonnen.
Taktische Atomwaffen sollen, ähnlich wie konventionelle Waffen, zur Bekämpfung gegnerischer Streitkräfte eingesetzt werden. Strategische Atomwaffen sind im Gegensatz dazu da, ganze Regionen auszulöschen. Doch auch kleinere Atomwaffen können grossen Schaden anrichten: Die Atombombe, die die USA 1945 auf Hiroshima abwarfen, hatte 15 Kilotonnen.
Kann Putin den roten Knopf ganz allein betätigen?
Die russische Regierung unterhält drei Nuklearkoffer, die jeweils Putin, Verteidigungsminister Sergei Schoigu (67) und dem Generalstabschef Waleri Gerassimow (67) zugeordnet sind. Cameron zufolge sind die Genehmigungen der Inhaber von zwei dieser Aktenkoffer erforderlich, um den Einsatz der strategischen Nuklearstreitkräfte Russlands anzuordnen.
Doch wie sieht es bei taktischen Nuklearwaffen aus? Es besteht kein Konsens darüber, ob Putin auf eigene Faust über den Einsatz solcher Waffen entscheiden könnte. In den USA geht man davon aus, dass die russischen Streitkräfte zwar kein formelles Vetorecht besitzen, aber durch ihre Beteiligung an der Planung und Durchführung der Angriffe ein gewisses Mass an Kontrolle ausüben. (chs)