Russische Iskander-Raketen erreichen die sechsfache Schallgeschwindigkeit. Sie detonieren wie aus dem Nichts. Eine iranische Kamikaze-Drohne fliegt vergleichsweise langsam und dröhnt wie ein Rasenmäher. Alle wissen, dass sie kommt.
Aber niemand weiss, wo sie einschlägt. «Das ist Psychoterror und dürfte beabsichtigt sein. Putin sind alle Mittel recht, um den Feind zu zermürben», sagt Hubert Annen, Dozent für Militärpsychologie an der Militärakademie der ETH Zürich. Weil die Russen auf dem Schlachtfeld ins Hintertreffen geraten, verstärken sie den Terror.Das könnte auch eine neue Flüchtlingswelle auslösen und den Westen weiter unter Druck setzen.
Drohnen können entscheidend sein
Aber haben Drohnen neben dem psychologischen einen strategischen Nutzen? Vor zwei Jahren führten Armenien und Aserbaidschan einen Krieg um die Kaukasus-Region Bergkarabach. Aserbaidschan ging als Sieger hervor, unter anderem dank des Einsatzes von türkischen Drohnen vom Typ Bayraktar TB2. Laut Dominika Kunertova, Forscherin am Center for Security Studies, machten es die unbemannten Fluggeräte möglich, den Luftraum im Kampfgebiet zu kontrollieren: Die Aserbaidschaner konnten die armenischen Stellungen ungehindert auskundschaften und attackieren.
Im Ukraine-Krieg ist es anders. Niemand kontrolliert dort den Luftraum. Viele Drohnen werden abgeschossen, sogar mit Handfeuerwaffen – gemäss Kunertova überdauert eine herkömmliche Drohne im Schnitt sieben Tage. Da kommen iranische Erzeugnisse vom Typ Shahed-136 gelegen, Russland nennt sie Geran 2.
Vergleichsweise billig
Diese Drohnen sind vergleichsweise billig und fliegen mehr als 2000 Kilometer weit. Sie attackieren im Schwarm, einige überwinden die Verteidigung und stürzen auf Zivilisten oder kritische Energie-Infrastruktur. Aber ist ihr Ziel einmal festgelegt, lässt es sich nicht mehr ändern: Was beweglich ist, entkommt.
Daher ist die Shahed-136 aus strategischer Sicht unbedeutend, argumentiert Frank Sauer, Forschungsleiter an der Universität der Bundeswehr München. Im Krieg um Bergkarabach kamen zusätzlich hoch entwickelte israelische Drohnen des Typs Harpy und Harop zum Einsatz. Die günstigere iranische Drohne hingegen besteht aus im Handel verfügbarer Technologie.
Sauer meint: «Das ist charakteristisch für unsere Zeit. Kommerzielle Technologie wird vermehrt militärisch genutzt. Bestes Beispiel ist der Cyberraum.»