«Gestern hat die russische Luftabwehr zwei russische Jagdflugzeuge und zwei russische Helikopter abgeschossen», sagte der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Jurji Ignat, am Sonntagmittag. Die Aussage wurde in den sozialen Medien von vielen Ukrainern mit Zwinkersmileys kommentiert, berichtet «Bild». Denn: Dass Russland binnen eines Tages einen Su-35 Hightech-Jet, ein Suchoi Su-34-Flugzeug und zwei extrem fortschrittliche Varianten des Transporthubschraubers Mil Mi-8 abschiessen würde, erscheint extrem unrealistisch.
Auffällig: Alle Abstürze der Flugobjekte ereigneten sich in der Region Brjansk, unweit der ukrainischen Grenze. Russische Kriegskorrespondenten und Militärblogger rätseln, wie es den Ukrainern am Samstag gelungen sein könnte, die Helis und Kampfjets auszuschalten. Mehrere Theorien verbreiteten sich in den Medien und auf Telegram.
Theorie 1: Die Spezialeinheiten
Eine Theorie geht davon aus, dass ukrainische Spezialeinheiten unbemerkt in die Grenzregion eingedrungen sind. Dort könnten sie mit schulter-gestützten Flugabwehr-Raketen die russischen Helis und Kampfjets gezielt ausgeschaltet haben. Daran scheinen die russischen Behörden zu glauben. Sie riefen noch am Samstag die «Operation Abfangen» aus, «Saboteure, die beim Abschuss der Maschinen geholfen haben», sollen so dingfest gemacht werden.
Was gegen die Theorie spricht: Mit schulter-gestützten Flugabwehr-Raketen ist es in der Regel nicht möglich, die hoch am Himmel fliegenden Kampfjets zu treffen. Dass niemand die Schützen gesehen hat – ebenfalls unwahrscheinlich.
Theorie 2: Das Flugabwehr-System
Russische Militärspezialisten verbreiten hingegen eine schlüssigere Ansicht. Demzufolge hat die Ukraine ein modernes Flugabwehr-System in Grenznähe bewegt. Es dürfte in der Region Tschernihiw stehen.
Am Samstagnachmittag soll das System dann aktiviert und in Richtung des russischen Kernlandes ausgerichtet worden sein. So konnte es gelingen, binnen weniger Stunden gleich vier Luftfahrzeuge der Russen auszuschalten.
Einen weiteren empfindlichen Schlag konnten die Ukrainer den Russen zudem in der besetzten Stadt Luhansk versetzen. Etwa 100 Kilometer östlich der Front gelegen, wurden eine chemische und eine fleischverarbeitende Firma getroffen. In Luhansk haben die Kreml-Truppen aber auch Kommandoposten und Logistikzentren. Eine Warnung der Ukrainer also: Russen nehmt euch in Acht!
Moskau beschuldigte Kiew, die jüngst von Grossbritannien an die Ukraine gelieferten Langstrecken-Raketen des Typs «Storm Shadow» für den Angriff genutzt zu haben. Mit den Raketen können die Ukrainer tatsächlich jeden besetzten Ort erreichen. Ein grosser Vorteil angesichts der anstehenden und gross angekündigten Gegenoffensive.
Während russische Kommentatoren am Wochenende tobten, genossen die Ukrainer ihren Erfolg. Wie auch schon bei vorherigen Angriffen innerhalb Russlands wies die ukrainische Militärführung jegliche Verantwortung von sich. Noch immer tappt der Kreml, was die ukrainischen Kapazitäten angeht, im Dunkeln.