Auf einen Blick
- Israel überlegt, was mit Sinwars Leiche geschehen soll
- Sinwar durch Kopfschuss getötet
- Israel könnte Leiche als Verhandlungsobjekt nutzen
- Demonstranten fordern: Netanyahu soll historische Chance nutzen, Geiseln zurückzubringen
Wo genau sich der Leichnam des getöteten Hamas-Führers Jahia Sinwar befindet, verrät das israelische Militär nicht. Auch zur Frage, was in Zukunft mit den sterblichen Überresten des Top-Terroristen passieren soll, wurde von offizieller Stelle nichts bekannt gegeben.
Nach Angaben des für die Obduktion verantwortlichen Forensikers wurde der Terrorfürst durch einen Kopfschuss getötet. «Die Todesursache ist eine Schussverletzung am Kopf», sagte der leitende Pathologe am Nationalen Zentrum für Forensik in Tel Aviv, Chen Kugel, dem US-Fernsehsender CNN. Er führte die Autopsie der Leiche des Hamas-Chefs durch. «Er hatte mehrere Verletzungen: eine Wunde von einer Rakete am rechten Unterarm, Verletzungen von heruntergefallenem Mauerwerk an seinem linken Bein und viele Schrapnelle in der Brust. Sie haben schwere Verletzungen verursacht, aber die Todesursache ist die Schusswunde am Kopf», so der Gerichtsmediziner weiter. Der «New York Times» sagte Kugel, dass Sinwars Leichnam nach der Obduktion dem israelischen Militär übergeben worden sei. Er wisse nicht, wo sie aufbewahrt werde.
Leichnam im Austausch für Geiseln?
Israel behält die Leichen von Terroristen in vielen Fällen in der Hoffnung, sie in einem zukünftigen Austausch mit der Hamas oder anderen militanten Gruppen verwenden zu können. Ähnlich handhabt es auch die Hamas mit den Leichen von Geiseln, die am 7. Oktober von den radikalen Islamisten entführt wurden.
Welche Möglichkeiten stehen nun im Raum? Sinwars Leiche könnte aufbewahrt werden, der Hamas übergeben oder anderweitig bestattet werden. Israelische Quellen bestätigten gegenüber CNN, dass die Verwendung von Sinwars Leiche als «Verhandlungsobjekt» im Austausch für die Freilassung der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln im Gespräch sei.
Was Israel vermeiden will
Eine Sache will Israel aber mit Sicherheit verhindern: Dass Sinwars Grab zu einer Pilgerstätte für radikale Palästinenser wird.
Jon B. Alterman, Direktor des Nahost-Programms am Center for Strategic and International Studies in Washington, geht deshalb nicht von einer Nutzung der Leiche als Tauschobjekt aus. Israel wolle die Situation vermeiden, in der Sinwars Anhänger behaupten könnten, er sei als Märtyrer im Gazastreifen begraben worden.
«Ich stelle mir vor, dass es eine geheime, würdevolle Beerdigung an einem unbekannten Ort geben wird», sagt Alterman der «New York Times». «Die Israelis werden enorme Anstrengungen unternehmen, um sicherzustellen, dass nichts übrigbleibt, was als Objekt der Verehrung dienen könnte», glaubt er und zieht den Vergleich mit Osama bin Laden. Der Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 war 2011 von US-Streitkräften getötet und umgehend auf See bestattet worden. So konnte die Möglichkeit, dass das Grab des Al-Kaida-Chefs sich in eine Pilgerstätte verwandeln würde, ausgeschlossen werden.
Demonstranten machen Druck auf Netanyahu
Unterdessen demonstrierten am Wochenende Tausende Menschen in Israel und forderten die Regierung von Benjamin Netanyahu (75) auf, den Tod des Hamas-Führers zu nutzen, um eine Einigung über die Rückgabe der noch immer in Gaza festgehaltenen Geiseln zu erzielen.
Eltern, Geschwister und andere Familienangehörige von Geiseln waren an mehreren Protestorten anwesend und forderten Netanyahu auf, die Gelegenheit, die sich durch Sinwars Tod biete, zu nutzen und ihre Angehörigen nach Hause zurückzubringen, solange sie noch am Leben sind. Simona Steinbrecher, die Mutter der Geisel Doron Steinbrecher (31), sprach laut israelischen Medien von einer «historischen Chance».