Auf einen Blick
Quer durch Europa befinden sich die Rechtspopulisten im Aufwind: Am Montag erhielt FPÖ-Chef Herbert Kickl (56) in Wien den Auftrag für die Bildung einer neuen Regierung. Gelingt es ihm, die konservative ÖVP an Bord zu holen, so wird Kickl der erste rechtspopulistische Kanzler Österreichs.
Kickl steht damit für einen Trend: Seit der Wahl von Donald Trump (78) befindet sich die Politik in Europa im Umbruch. In Deutschland und Frankreich sind Regierungen zerbrochen. Trumps wichtigster Berater Elon Musk (53) mischt sich direkt in die europäische Politik ein. Trump selbst trifft sich mit Rechtspopulisten wie Viktor Orban (61) oder Giorgia Meloni (47). Der neue US-Präsident nimmt so Einfluss auf den alten Kontinent. Blick erklärt, warum die internationale Partnerschaft der Nationalisten derzeit so gut funktioniert – und was sie gefährden könnte.
Ungarn, Italien, Niederlande und Finnland
Rechtspopulistische Staatschefs gibt es in Europa nicht erst seit Trumps Wiederwahl. Aber sie reisen derzeit nach Florida, um Trump schon vor seinem Amtsantritt zu hofieren und hoffen dabei, gute Geschäfte zu machen. Trump wiederum kann sich so Einfluss sichern in den europäischen Hauptstädten. Gegenseitig bestätigt man sich im politischen Kurs.
Viktor Orban war schon im Dezember bei Trump. Er regiert Ungarn seit 2010 als Ministerpräsident – und ist damit der dienstälteste Regierungschef in der EU. Orban und seine rechtspopulistische Fidesz-Partei verfolgen konservative Familienwerte und eine strenge Anti-Migrationspolitik – wie Trump.
Meloni war am letzten Wochenende in Florida. In Italien regiert die Postfaschistin seit Oktober 2022 – und das überraschend stabil. Während sie anfangs als Bedrohung für die Demokratie galt, wird sie heute als zentrale Figur in der EU-Politik gesehen – und könnte so Trump noch nützlich sein.
In Deutschland ist die AfD laut Umfragen die zweitstärkste Kraft hinter der Union. Kräftig die Werbetrommel rührt Elon Musk. Dies, obwohl der deutsche Verfassungsschutz die AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einstuft.
Kickl jubelte über Trump
Die FPÖ ist eine der älteren rechtspopulistischen Parteien Europas. Schon bevor Trump im Wahlkampf 2016 «America first» als Motto ausgab, hatte sich die FPÖ mithilfe von Kickl als «soziale Heimatpartei» positioniert. «Wir helfen zuerst dem eigenen Land – Rot-Schwarz hilft Bank und Spekulant», lautete einer der Slogans von 2013.
Kickl schätzt Trump: Noch in der Wahlnacht gratulierte der FPÖ-Chef via Facebook zum «eindrucksvollen und eindeutigen Wahlsieg». Die Amerikaner hätten «mit der selbstverliebten Politik der eiskalten Eliten ordentlich abgerechnet» und das «bürgerferne Establishment abgewählt». Auch die Amerikaner wollten «keine illegale Massenmigration».
«Wir sind keine Amerika-Freunde»
Traditionell stehen viele europäische Rechtspopulisten den USA kritisch gegenüber. Ungarns Orban oder die AfD suchen eher die Nähe zu Russlands Machthaber Wladimir Putin (72).
Herbert Kickl schrieb im April 2024 auf Facebook, er sei kein «Putin-Versteher». Er fügte hinzu: «Wir sind aber auch keine Ukraine-Freunde, keine Nato-Freunde und keine Amerika-Freunde.» Stattdessen sei die FPÖ die Partei der «Österreicher-Versteher». Ein Kanzler Kickl könnte versuchen, die seiner Ansicht nach schädlichen Sanktionen gegenüber Russland aufzuheben.
Die Russland-Frage könnte somit noch zu einem Spannungsfeld zwischen Trump und den europäischen Rechtspopulisten führen – vor allem, falls Trump keine schnelle Verhandlungslösung erreicht.
Was hinter den Erfolgen steht
Trumps Wahlsieg und die Stärkung der Rechtspopulisten haben einen ähnlichen Hintergrund: In einer Analyse nannte das «Wall Street Journal» kürzlich das schwache Wirtschaftswachstum und den hohen Migrationsdruck: «Der Rechtsruck wird durch die Ängste der Arbeiterklasse in Bezug auf die Wirtschaft und die Einwanderung angeheizt – sowie durch die zunehmende Ermüdung bei Themen wie Klimawandel und Identitätspolitik.» Zudem habe der Aufstieg der sozialen Medien die Spaltung verschärft und zu einem Aufschwung der Anti-Establishment-Parteien geführt.
Die Erfolge der Rechtspopulisten in Europa haben also nicht nur mit der Wahl Trumps zu tun – sondern auch mit Entwicklungen, die beidseits des Atlantiks stattfinden. Dennoch ist klar: Durch die Unterstützung von Trump und Musk dürften die Rechtspopulisten in Europa vorerst noch stärker werden – und die politischen Auseinandersetzungen noch härter.