Auf einen Blick
- Boris Johnson plante Militäreinsatz für Impfstoff-Beschlagnahme
- Streit zwischen EU und Grossbritannien um Impfstoff-Export
- Fünf Millionen Astrazeneca-Dosen in Leiden gelagert
Im Tauziehen um Impfstoff-Dosen hätte der damalige britische Premierminister Boris Johnson (60) fast einen Militäreinsatz befohlen. Das berichtet der britische «Guardian» unter Verweis auf die bald erscheinenden Memoiren des Politikers.
Demnach soll Johnson im Frühjahr 2021 eigenen Angaben zufolge einen Militäreinsatz in den Niederlanden erwogen haben. Ziel der Operation wäre die Beschlagnahmung von Corona-Impfstoffen gewesen. Die britischen Soldaten hätten in ein Lagerhaus in der Stadt Leiden eindringen müssen, in dem rund fünf Millionen Dosen des Astrazeneca-Impfstoffs gelagert wurden.
Johnson ging damals davon aus, dass Grossbritannien Anspruch auf die Impfstoffe habe, da diese dort entwickelt worden waren. Den Erwägungen vorausgegangen war ein heftiger Streit zwischen der EU und Grossbritannien um die Ausfuhr von Corona-Impfstoffen. Ein mögliches EU-Exportverbot für Impfstoffe hatte den Zoff massiv angeheizt.
Militär redete Johnson irren Plan aus
Der damalige stellvertretende Chef des Verteidigungsstabs, Douglas Chalmers (58), bestätigte dem Briten-Premier die Durchführbarkeit der Mission. Auf Schlauchbooten hätten die Briten das Meer durchqueren sollen, so der Plan.
Am Zielort angekommen, sollten die Soldaten in das Lager eindringen und sich die Impfstoffe schnappen. Chalmers gab jedoch zu bedenken, dass es schwierig werden würde, unentdeckt zu bleiben.
Wäre man aufgeflogen, hätte Johnson den europäischen Verbündeten «erklären müssen, warum wir bei einem langjährigen Nato-Verbündeten einmarschieren», heisst es im Buch. Johnson habe letztlich erkannt, wie irre sein Vorhaben gewesen sei. «Natürlich wusste ich, dass Chalmers recht hatte», erklärte er.