Die Welt blickt voller Sorge auf die Kämpfe im Gazastreifen und in der Ukraine. Doch es gibt noch weitere Krisenherde auf der Welt. Diktatoren könnten die Situation nutzen, um ihre eigenen Interessen im Schatten der Aufmerksamkeit gewaltsam durchzusetzen. Die Staaten, die normalerweise eingreifen würden, sind derzeit vollkommen auf die Ukraine und den Nahen Osten konzentriert, schreibt der «Tagesspiegel». Es droht ein geopolitischer Wandel.
Aserbaidschan und Armenien
Die Eskalation in der armenischen Exklave Bergkarabach im September könnte nur der Anfang eines grösseren Konfliktes sein. 120'000 Armenier wurden aus dem Siedlungsgebiet vertrieben. Doch der Schock über eine derartige ethnische Säuberung blieb aus. Nun könnte die Regierung Aserbaidschans bereits die nächste Region ins Visier nehmen: Die Exklave Nachitschewan. Man erreicht das Gebiet aber über Land nur, indem man Armenien oder den Iran durchquert. Mit dem Iran wird sich Aserbaidschan nicht anlegen, doch Armenien ist noch geschwächt von den jüngsten Konflikten und wird derzeit nicht mehr von Russland geschützt.
Mehr zum geopolitischen Wandel
Ein militärischer Angriff könnte aber auch weitere Länder in den Konflikt ziehen. Die Türkei steht hinter Aserbaidschan, während Armenien zunehmend vom Iran in Schutz genommen wird.
Russland und Georgien
Weiter südlich im Kaukasus existiert ein weiterer Konflikt, der zu eskalieren droht. Die zwei georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien sind russisch besetzt und gelten als autonome Regionen. Sie werden von russischem Militär beschützt. Möglicherweise könnte Kremlchef Wladimir Putin (71) die Regionen in Georgien als Nächstes annektieren.
Serbien und Kosovo
Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs verstärkt Serbien die Truppen an der Grenze zur Republik Kosovo. Vermittlungsversuche der EU zwischen dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić und dem kosovarischen Premier Albin Kurti scheiterten.
Konflikte in der Sahelzone
Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es einige Brennpunkte. Nach Militärputschen in Mali, Burkina Faso, Guinea, Niger und Gabun wurden demokratische Regierungen gestürzt und die Regime schlossen sich unter Einfluss der Wagner-Gruppe Moskau an. Weitere Putschversuche könnten in Westafrika folgen und den Einfluss des russischen Präsidenten Wladimir Putin vergrössern.
China, Philippinen und Taiwan
Für den chinesischen Präsidenten Xi Jinping (70) gehört Taiwan zu Chinas Staatsgebiet. Der Inselstaat liegt 180 Kilometer östlich von China und betrachtet sich selbst als unabhängig. Immer wieder wirft Taiwan China vor, den Luftraum zu verletzen oder der Insel mit militärischen Schiffen zu nahe zu kommen.
Taiwan erhält Unterstützung von den USA. Doch wie viel Kapazität haben die USA für weitere Konflikte? China will im südchinesischen Meer Fakten schaffen und die eigenen Interessen durchsetzen. Auch die Philippinen geraten dadurch in Bedrängnis. Erst vor wenigen Tagen kollidierten chinesische Schiffe mit der philippinischen Küstenwache. Manila wirft Peking vor, die Küstenwache bewusst angegriffen zu haben. (jwg)