Erst noch hatte Donald Trump (74) angekündigt, die einst 15’000 Mann starken US-Truppen in Afghanistan auf 4000 zu reduzieren. Nun geht der US-Präsident sogar noch weiter: Er will alle zurückholen. Trump twitterte: «Die wenigen tapferen Männer und Frauen, die noch in Afghanistan dienen, sollten bis Weihnachten zu Hause sein.»
Mit diesem Schritt ebnet er den Weg für Verhandlungen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban. Die USA hatten mit den Islamisten Ende Februar ein Abkommen unterzeichnet, das einen schrittweisen Rückzug aller Nato-Streitkräfte aus Afghanistan vorsieht. Im Gegenzug verpflichteten sich die Taliban unter anderem zu Friedensgesprächen mit Afghanistans Regierung, die am 12. September aufgenommen wurden.
Seit dem Abkommen hatten die Taliban keine internationalen Soldaten mehr getötet, ihren Kampf gegen afghanische Streitkräfte aber intensiviert.
Der längste Krieg der USA
Der Krieg in Afghanistan ist der längste in der Geschichte der USA. Nach den Anschlägen in New York vom 11. September 2001 waren die Amerikaner einmarschiert. Rund 2400 Amerikaner sind seither gefallen.
Der Krieg dauert inzwischen so lange, dass bereits die Söhne der ersten Soldaten-Generation im Einsatz stehen. Unteroffizier Trevor deBoer war dreimal in Afghanistan. Im Militärmagazin «The Stars and Stripes» berichtet er: «Die Leute fragten mich am Anfang, warum ich nach Afghanistan gehe. Meine Antwort lautete jeweils, dass ich nicht wolle, dass meine Söhne diesen Krieg austragen müssten.»
Inzwischen wurde aber tatsächlich sein Sohn Payton Sluss auf der gleichen Basis bei Dschalalabad eingeteilt, wo schon sein Vater gedient hatte. «Meine Füsse gingen auf dem gleichen Grund wie deine», sagte er zu seinem Vater.
Michael Kreuger kämpfte 2010 in Afghanistan, acht Jahre später folgte sein Sohn Trenton. Vater Kreuger hat nur einen Wunsch: Dass sein Enkel nicht auch nach Afghanistan entsendet wird, um die gleichen Schlachten zu führen.
Unglaublicher Fortschritt
Auch Bajun Mavalwalla (55) und sein Sohn Bajun Mavalwalla (31) berichten im Magazin über ihre Einsätze und ihre Begegnung in Afghanistan.
Der Vater war 2002 als Hauptmann bei den Special Forces eingeteilt. Seither habe sich im Alltag vieles verändert, sagt er. «Am Anfang gab es in Afghanistan keine funktionierende Toilette.» Als er 2012 als Polizeiberater in die westliche Stadt Herat zurückkehrte, seien die Fortschritte «unglaublich» gewesen.
2012 wurde auch sein Sohn als Angehöriger des militärischen Geheimdienstes nach Afghanistan geschickt, wo sich die beiden trafen. Der Sohn berichtet, er sei ganz desillusioniert gewesen. Er habe hinausgehen und den Menschen helfen wollen, aber er habe «einfach irgendwie zu diesem sich vertiefenden Sumpf beigetragen».
Soldaten sind skeptisch
Schulen, die für die Afghanen gebaut worden waren, seien zerstört worden. Auch habe er beobachtet, wie Soldaten sinnlose Akte vollführten wie etwa Mauern auf Bauernhöfen zerstören. Solche Schandtaten hätten nicht gerade dazu beigetragen, dass die Amerikaner die Sympathie der Einheimischen gewinnen konnten. Der Sohn liess schliesslich die Idee fallen, eine Militärkarriere einzuschlagen.
Sowohl Vater als auch Sohn Mavalwalla machen sich Sorgen, dass alle Fortschritte, für die sie gekämpft haben, mit einem Rückzug der US-Truppen zunichtegemacht würden. Vater Mavalwalla sagt: «Wenn wir uns zurückziehen, wird Afghanistan überleben. Aber ich glaube nicht, dass es gut überleben wird.» (gf)