EU verhängt Sanktionen wegen Nawalny-Tod
Die EU verhängt als Reaktion auf den Tod des Kremlkritikers Alexei Nawalny in einem russischen Straflager Sanktionen. Die Aussenminister der Mitgliedstaaten verständigten sich am Montag bei einem Treffen in Brüssel auf Strafmassnahmen gegen Vertreter des russischen Justizsystems, wie mehrere Diplomaten der Deutschen Presse-Agentur bestätigten.
Abramowitsch reiste nach Moskau, um Nawalny freizubekommen
Ein länderübergreifender Gefangenenaustausch hätte dem russischen Kremlkritiker Alexei Nawalny (†47) eventuell ein Leben in Freiheit ermöglicht, wäre er nicht im vergangenen Monat gestorben. Das berichtet CNN. Der russische Oligarch Roman Abramowitsch (57) soll an den Verhandlungen massgeblich beteiligt gewesen sein.
Der russische Investor soll sich demnach mit US-Vertretern getroffen haben. Insgesamt sollen sieben Personen an den Verhandlungen für den Gefangenenaustausch beteiligt gewesen sein. Abramowitsch soll zudem nach Moskau gereist sein, um sich dort mit Beamten des Kremls zu treffen.
Peskow weicht unangenehmen Fragen aus
Die russische Anti-Korruptions-Agentin Maria Pewtschik (36), die Nawalny beriet, hatte kurz nach seinem Tod erklärt, dass sich Abramowitsch an der Auslotung eines Deals beteiligt hat und dem Kreml «den Vorschlag zum Austuasch von Nawalny vorgelegt» habe. Sie fügte hinzu, dass er als «informeller Verhandlungsführer in der Kommunikation mit amerikanischen und europäischen Beamten» fungierte. Aus Abramowitschs Umfeld hiess es gegenüber CNN, er sei «verblüfft» gewesen, als er vom Tod Nawalnys erfuhr.
Am 27. Februar, 11 Tage vor Nawalnys Tod, war Kremlsprecher Dimitri Peskow (56) Fragen zu Abramowitsch und einem möglichen Austauschs Nawalnys ausgewichen. Ein westlicher Diplomat sagte CNN, die Aussichten auf einen Tausch hätten vor Nawalnys Tod auf einer Skala von eins bis zehn «sieben oder acht erreicht.»
Menschen trauern auch am Sonntag auf Friedhof um Nawalny
Nach der Beerdigung des im Straflager gestorbenen Kremlgegners Alexei Nawalny (†47) haben sich auch am Sonntag trotz Polizeipräsenz weiter Menschen an seinem Grab auf dem Friedhof Borissowskoje in Moskau von ihm verabschiedet. Uniformierte von Polizei und Nationalgarde sowie Friedhofsangestellte liessen die Trauernden ungehindert am Grab verweilen und Blumen niederlegen, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur von der Ruhestätte berichtete.
Es kamen viele jüngere und ältere Menschen; Paare, die einander stützten, und ganze Familien mit Kindern, um Blumen am Grab, das sich gleich am Eingang befindet, niederzulegen. Vielen Menschen weinten, einige umarmten sich.
Nawalny starb am 16. Februar
Auf einem Pappschild war zu lesen: «Helden sterben nicht. Alexei, danke!» Auch viele Kränze standen am Grab, teils auch Spielzeug von Kindern. Aus dem Blumenmeer ragte ein russisch-orthodoxes Kreuz mit einem Foto von einem lächelnden Alexei Nawalny. Am Samstag waren auch seine Mutter und seine Schwiegermutter erneut am Grab des 47-Jährigen gewesen. Der Gegner von Kremlchef Wladimir Putin (71) war nach Behördenangaben am 16. Februar in einem Straflager in der Polarregion gestorben.
Nawalnys Team danke den mutigen Menschen. Seine Mitarbeiter hatten nach der Beerdigung noch einmal betont, dass der Kampf der ins Exil ins Ausland geflüchteten Opposition gegen Korruption und Putins Machtapparat fortgesetzt werde. Nawalnys Vermächtnis bleibe am Leben, «solange es in Russland und in der Welt Millionen Menschen gibt, denen das nicht gleichgültig ist. Deshalb darf man nicht aufgeben.»
Name Nawalny wird in Russland als extremistisches Symbol gewertet
Der russische Machtapparat erhöht nach dem Tod des Oppositionellen Alexei Nawalny (†47) zunehmend den Druck auf seine Verbündeten. Laut einer Nichtregierungsorganisation sollen einige Gerichte den Namen «Nawalny» als verbotene extremistische Symbolik gewertet haben. Menschen, die den Namen etwa auf Plakate schrieben, können so zu Verwaltungsstrafen verurteilt werden.
Die NGO «Erste Abteilung» erklärte, es seien bereits mehrere Urteile gefällt worden, in denen Menschen nach Gedenkaktionen zu einem Verwaltungsarrest verurteilt wurden. Als Begründung soll jeweils angegeben worden sein, dass der Vor- und Nachname Nawalnys auf extremistische und verbotene Organisationen verweise. Demnach kam es in Tscheljabinsk, Krasnodar, Murmansk und Ulkanowsk zu Verurteilungen.
Gemäss «Erste Abteilung» könnten theoretisch auch Social-Media-Nutzer für die Verwendung von Nawalnys Namen belangt werden. Dazu gibt es allerdings noch keine Urteile. «Und sogar gegen jene, die beim Begräbnis waren», so die NGO weiter. Am Freitag waren mehr als 100 Menschen bei Trauerfeiern festgenommen worden.
Nawalnys Mutter besucht Grab ihres Sohnes in Moskau
Einen Tag nach der Beisetzung des Kreml-Kritikers Alexei Nawalny in Moskau hat dessen Mutter sein Grab besucht.
Ljudmila Nawalnaja erschien am Morgen in Begleitung der Schwiegermutter ihres Sohnes an der mit Blumen und Kränzen bedeckten Grabstätte auf dem Borisowski-Friedhof im Süden Moskaus, wie AFP-Reporter berichteten.
Am Freitag hatten dort tausende Menschen Abschied genommen von Nawalny, der zwei Wochen zuvor in einer Strafkolonie in der Arktis gestorben war.
Polizei weiterhin präsent
Die Trauernden hatten am Freitag stundenlang angestanden, um sich vom prominentesten Widersacher von Russlands Präsident Wladimir Putin zu verabschieden. Auch Nawalnys Mutter hatte am Freitag bereits an der Beerdigung teilgenommen. Am Samstag sahen AFP-Reporter nur wenige Besucher, die Blumen an Nawalnys Grab niederlegten. Die Polizei war auf dem Friedhof in der Nähe des Ufers der Moskwa weiterhin präsent.
Die Witwe des Oppositionspolitikers, Julia Nawalnaja, die beiden Kinder des Paares sowie Nawalnys Bruder leben im Ausland und blieben der Bestattung fern. Nawalnaja hatte erklärte, sie werde die Arbeit ihres Mannes fortsetzen, und Putin vorgeworfen, ihren Mann umgebracht zu haben. (AFP)
Schon mehr als 100 Festnahmen
Mehr als 100 Menschen sind in Russland nach Angaben von Bürgerrechtlern bei den Trauerveranstaltungen für den in Haft ums Leben gekommenen Kremlkritiker Alexei Nawalny festgenommen worden. Die Bürgerrechtsplattform OWD-Info schreibt von 128 Festnahmen in 19 Städten. «In jedem Polizeirevier können mehr Festgenommene sein als in den veröffentlichten Listen», heisst es zudem. In den meisten Fällen wurden die Betroffenen nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuss gesetzt.
Die meisten Festnahmen gab es demnach in der sibirischen Millionenstadt Nowosibirsk. Dort seien mindestens 31 Personen in Gewahrsam genommen worden, berichtet OWD-Info. In der Ural-Metropole Jekaterinburg hat die Polizei weitere 19 Menschen festgenommen. In Moskau sollen es 17 Personen sein, davon müssten drei die Nacht auf dem Revier verbringen, heisst es.
Emotionaler Instagram-Post der Tochter
Alexei Nawalnys Tochter, Darja Nawalnaja, verabschiedet sich mit einem Post auf Instagram von ihrem Vater. «Papa, du warst ein Vorbild für viele Menschen auf der ganzen Welt», schreibt Nawalnaja. «Du hast mich von Kindheit an gelehrt, nach Prinzipien zu leben. Ehrenhaft zu leben», heisst es weiter. «Du warst immer mein Vorbild und wirst es immer bleiben. Mein Held. Mein Vater. Ich liebe dich sehr. Ruhe in Frieden.»
Mindestens 45 Festnahmen bei Nawalny-Kundgebungen
Bei Gedenkveranstaltungen für den verstorbenen russischen Oppositionellen Alexei Nawalny in Russland sind am Freitag mindestens 45 Menschen festgenommen worden. Die meisten Verhaftungen – 18 an der Zahl – gab es in der Stadt Nowosibirsk. Auch in Jekaterinburg wurden zehn Menschen von der Polizei abgeführt.
Wie «Nowaja Gaseta Europa» berichtet, gab es in der Region Woronesch zehn weitere Festnahmen. Die meisten der Betroffenen wurden jedoch bald wieder freigelassen. In Moskau wurden sechs Menschen verhaftet. Bei einem von ihnen handelt es sich um Andrei Morew, stellvertretender Vorsitzender der liberalen Partei Jabloko. Inzwischen befindet sich der Politiker wieder auf freiem Fuss.
Auch in Nischnewartowsk, Ulan-Ude, Wladikawkas, Nischni Nowgorod, Kasan und Slatoust sollen Menschen festgenommen worden sein.
«Lasst uns rein»
Zehntausende Menschen riefen vor dem Friedhof «Lasst uns rein», bevor die Polizei die Tore des Friedhofs für alle Besucher öffnete und einzelne Menschen nun langsam hereinlässt.
Derweil sind die Brücken und Strassen in der Nähe des Friedhofs voll von Trauernden, die ebenfalls hoffen, zu seinem Grab gelangen zu können.
Allerdings werden es heute kaum alle schaffen, denn der Friedhof schliesst gemäss Öffnungszeiten in Kürze.
«Russland wird frei sein» und «Russland ohne Putin», ruft die Menge derweil. Die Menschen erinnern dabei an die Worte Nawalnys, der für die Freiheit Russlands seine eigene verloren hat und nach drei Jahren hinter Gittern den Kampf gegen die Machthaber im Kreml mit dem Leben bezahlt hat.
Julia Nawalnaja nimmt Abschied in Instagram-Post
Die Witwe von Alexei Nawalny war nicht nach Russland zur Beerdigung geflogen. Zu gefährlich wäre wohl diese Reise gewesen. Auf Instagram postete sie ein Video von gemeinsamen Momenten mit ihrem geliebten Mann.
Dazu schreibt sie: «Ljoscha, ich danke dir für 26 Jahre absolutes Glück. Ja, sogar für die letzten drei Jahre des Glücks. Für die Liebe, dafür, dass du mich immer unterstützt hast, dass du mich sogar im Gefängnis zum Lachen gebracht hast, dass du immer an mich gedacht hast.
Ich weiss nicht, wie ich ohne dich leben soll, aber ich werde mein Bestes geben, damit du dich da oben für mich freust und stolz auf mich bist. Ich weiss nicht, ob ich es schaffe oder nicht, aber ich werde es versuchen.
Ich bin sicher, dass wir uns eines Tages treffen werden. Ich habe so viele unerzählte Geschichten für dich, und ich habe so viele Lieder für dich auf meinem Handy gespeichert, alberne und lustige und ehrlich gesagt, schreckliche Lieder, aber sie handeln von uns, und ich wollte so gerne, dass du sie dir anhörst. Und ich wollte so gerne sehen, wie du sie dir anhörst und lachst und mich dann umarmst. Ich werde dich immer lieben. Ruhe in Frieden.»
Schock-Nachrichten aus Russland! Der berühmteste Kreml-Kritiker Alexei Nawalny (†47) ist nach Angaben russischer Behörden in seiner Strafkolonie am Freitag verstorben.
«In der Strafkolonie Nr. 3 hat sich der Sträfling Nawalny A. A. nach einem Spaziergang angefangen, schlecht zu fühlen und verlor fast sofort das Bewusstsein», heisst es in der Meldung des Strafvollzugsdienstes.
«Umgehend rückte das medizinische Personal der Einrichtung aus und eine Ambulanz wurde angefordert. Es wurden alle erforderlichen Wiederbelebungsmassnahmen durchgeführt, die jedoch keine positiven Ergebnisse brachten. Die Ärzte der Ambulanz stellten den Tod des Verurteilten fest. Die Todesursache wird untersucht», heisst es in der Mitteilung.
Nawalnys Team hat seinen Tod bisher nicht bestätigt. «Der Föderale Strafvollzugsdienst für den Bezirk Jamal-Nenzen verbreitet Nachrichten über den Tod von Alexei Nawalny in der Strafkolonie 3. Wir haben dafür noch keine Bestätigung», heisst es im offiziellen Telegram-Channel. Nawalnys Anwalt Leonid Solowjow sei aktuell auf dem Weg zur Strafkolonie. Er habe Nawalny zuletzt am Mittwoch gesehen, dem 47-Jährigen sei es gut gegangen.
Giftanschlag überlebt – Gefängnis nicht
2020 überlebte Nawalny einen Giftanschlag und kehrte nach einem Spitalaufenthalt in Deutschland im Januar 2021 nach Russland zurück, wo er umgehend am Flughafen festgenommen und im Anschluss zu einer langjährigen Strafe im Straflager verurteilt worden war. International wird er als politischer Gefangener eingestuft. Menschenrechtsorganisationen fordern seit langem Nawalnys Freilassung.
Zuletzt wurde er in die Strafkolonie Nr. 3 im Autonomen Bezirk der Jamal-Nenzen im Norden von Russland, am Polarkreis – rund 2000 Kilometer von Moskau entfernt – verlegt.
Nawalnys Verbündete Iwan Schdanow bezeichnete IK-3, das 1961 auf dem Gelände eines ehemaligen sowjetischen Gulag-Zwangsarbeitslagers gegründet wurde, bereits als «eine der nördlichsten und abgelegensten» Gefangenenkolonien in Russland. Hier können bis 1050 Menschen inhaftiert werden. Schdanow: «Die Bedingungen dort sind brutal.» Sein Team machte sich zuletzt grosse Sorgen um den Gesundheitszustand des Oppositionellen.
Tod wegen Blutgerinnsel?
Wie der Kreml-Sender «RT» berichtet, soll Nawalny infolge eines sich gelösten Blutgerinnsel gestorben sein. Putins Pressesprecher Dmitri Peskow sagte dazu: «Das weiss ich nicht, das müssen die Ärzte sagen.» Wladimir Putin sei über den Tod von Nawalny informiert worden, bestätigte Peskow.
«Soweit uns bekannt ist, führt der Föderale Strafvollzugsdienst gemäss den geltenden Vorschriften alle Kontrollen und Ermittlungen durch. Es besteht keine Notwendigkeit für irgendwelche Anweisungen, weil es ein bestimmtes Regelwerk in dieser Angelegenheit gibt, an dem sich der Strafvollzugsdienst jetzt orientiert», sagte Peskow.
Inzwischen ist ein Video aufgetaucht, das Nawalny am Donnerstag bei einer Anhörung vor Gericht zeigt. Der 47-Jährige ist gut aufgestellt und macht Witze. Er hatte den Richter scherzhaft gebeten, ihm doch «von seinem riesigen Richter-Lohn» bitte etwas Geld auf sein Gefängniskonto zu überweisen.