Angesichts der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen sollen neben Lieferungen aus der Luft nun auch Güter über den Seeweg kommen. In Friedenszeiten wird Gaza vor allem über den Landweg versorgt, doch diese Routen sind aufgrund der israelischen Militäroperation derzeit mehrheitlich blockiert.
Das US-Militär will darum zusammen mit internationalen Partnern einen künstlichen Hafen in dem Palästinensergebiet, einrichten. Am Hauptelement, dem Pier, sollen grosse und mit Hilfsgütern beladene Schiffe andocken können, wie ein hochrangiger US-Regierungsvertreter am Donnerstag mitteilte. Die Kapazität betrage «Hunderte zusätzlicher LKW-Ladungen mit Hilfsgütern pro Tag».
«Heute Abend befehle ich den US-Streitkräften, eine Notfallmission durchzuführen, um an der Küste von Gaza einen provisorischen Hafen einzurichten, der grosse Schiffe mit Nahrungsmitteln, Wasser, Medikamenten und Notunterkünften aufnehmen kann», sagte Joe Biden (81) in seiner Rede zur Lage der Nation vor dem Kongress in Washington am Donnerstag.
Hilfslieferungen werden in Zypern zusammengestellt
Laut Angaben von hochrangigen Vertretern der US-Regierung wird der Bau einige Zeit in Anspruch nehmen und in Zusammenarbeit mit Verbündeten vor Ort sowie mit den Vereinten Nationen und humanitären Organisationen durchgeführt.
Wie es aus US-Kreisen heisst, werden Ingenieure von Schiffen vor dem alten Hafen von Gaza-Stadt im Bezirk Rimal aus arbeiten – an Land müssten US-Truppen demnach nicht gehen, wie «The Guardian» schreibt.
Der bestehende Hafen von Gaza dient vor allem Fischern und der palästinensischen Küstenwache als Stützpunkt. Der Warenverkehr dorthin wird von Israel seit der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen im Jahr 2007 blockiert.
Nach dem Bau des temporären Hafens davor soll die Konstruktion in Richtung Land verschoben und verankert werden. Wie Reuters unter Berufung auf einen israelischen Beamten berichtet, begrüsst Israel den temporären Hafen und unterstützt diesen «voll und ganz».
Geht es nach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, soll der geplante maritime Hilfskorridor von Zypern zum Gazastreifen möglichst schon am Sonntag öffnen. «Wir stehen kurz davor, diesen Korridor zu öffnen, hoffentlich schon diesen Sonntag», sagte von der Leyen am Freitag im Hafen von Larnaka.
Die Hilfslieferungen sollen bei der zypriotischen Hafenstadt zusammengestellt werden, wo diese auch von israelischen Beamten inspiziert werden können.
NGOs kritisieren, dass die Verteilung der Güter nach der Landung zu wenig durchdacht sei. Denn im verwüsteten Gazastreifen mangelt es an Fahrern und LKWs, zudem drohen Plünderungen. (AFP/SDA/dmo)