Der anfangs ruhige Militärputsch in Myanmar entwickelt sich immer mehr zu einem blutigen Gemetzel. Seit dem Sturz von Regierungschefin Aung San Suu Kyi (75) am 1. Februar sind mindestens 202 Menschen getötet worden. Meistens erschossen durch Polizei oder Militär. Alleine am Sonntag gab es 74 Tote. 1900 Personen sitzen bereits in Haft.
Von der Schweiz aus verfolgt Sean Barua (21) mit Schrecken, was in seiner über 8000 Kilometer oder zehn Flugstunden entfernt liegenden Heimat passiert. Der Myanmare studiert an einer Hotelfachschule. An welcher und wie sein myanmarischer Name lautet, das möchte er nicht veröffentlicht haben. Zu gross ist die Angst, dass für ihn oder seine Familie die persönlichen Schilderungen Konsequenzen haben könnten.
Den Onkel verschleppt
Sean Barua erzählt von seinem Onkel, der am vergangenen Freitag in Myanmars grösster Stadt Yangon (ehemals Rangun) von der Strasse weg verhaftet worden ist. Sein «Delikt»: Er hatte bei einer Demonstration auf Töpfe und Pfannen geschlagen. Das ist – wie das Hochhalten von drei Fingern – ein Zeichen des Widerstands. «Er hat eine Frau und zwei kleine Kinder. Seither hat seine Familie von ihm weder etwas gesehen noch gehört», sagt Barua zu BLICK.
Mit seinen Eltern habe er am Montag über Signal das letzte Mal telefoniert. Es war – aus Angst, abgehört zu werden – ein kurzes, aber berührendes Gespräch. «Meine Eltern haben sich sozusagen von mir verabschiedet, weil man nie weiss, wann man das nächste Mal wieder telefonieren kann – oder ob man sich überhaupt noch einmal lebend begegnet.»
Seine Eltern hätten ihm gesagt: «Sei anständig, mache es richtig. Hoffentlich werden wir uns wiedersehen.» Sean freut sich enorm über diese Worte. Andere Myanmaren hätten ihre Angehörigen verloren, ohne dass sie sich verabschieden konnten.
Zurück in die Dunkelheit
Aus Sicherheitsgründen bleiben vor allem die älteren Myanmaren zu Hause, während die Jungen auf den Strassen protestieren. Sean Barua: «Oft kommt es vor, dass Eltern die Leichen ihrer erschossenen Kinder gar nicht holen oder sehen dürfen, weil das Militär das Ausmass des Gemetzels vertuschen will.»
Doch trotz der Brutalität des Militärs liesse sich die myanmarische Jugend nicht von Protesten abhalten. «Die Jungen merken, dass ihnen die Zukunft geraubt wird», sagt Sean Barua. «Während der letzten zehn Jahre der Öffnung sahen wir die vielen Möglichkeiten, die vor uns lagen. Nun wird das Land in die Dunkelheit zurückgeworfen, in der es seit dem Militärputsch von 1962 lange Zeit verharrt hatte.»
Sean Barua hofft auf Druck der Vereinten Nationen und der USA. Die Schweiz selber könne als neutrales Land nicht viel unternehmen. «Aber», so sagt Sean, «ich möchte, dass die Schweizerinnen und Schweizer erfahren, welche Tragödie sich in meiner Heimat gerade abspielt.»
In der Nacht auf den 1. Februar hat das Militär in Myanmar (früher Burma) die Regierung gestürzt. Der Putsch fiel auf den Tag, an dem die im Herbst 2020 klar gewählte Regierung unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi (75) die neue Amtsperiode angetreten hätte. Die Regierungschefin steht seither unter Arrest.
Vizepräsident Myint Swe (69), ein ehemaliger General, wurde zum Übergangsstaatsoberhaupt ausgerufen und hat sein Vizepräsidentenamt an den Militärchef übertragen. Damit liegt die eigentliche Macht bei Armeechef Min Aung Hlaing (64), der während des einjährigen Notstands die oberste Befehlsgewalt innehat.
Seit dem Putsch demonstrieren Hunderttausende auf den Strassen. Polizei und Militär gehen gegen sie brutal vor. Das Internet wird teilweise abgestellt. In mehreren Stadtteilen Yangons hatte das Militär am Sonntag das Kriegsrecht verhängt. «Jeder, der dort festgenommen wird, wird vor ein Militärgericht gestellt und riskiert Strafen von drei Jahren Haft bis zur Todesstrafe», hiess es. Wegen der massiven Erhöhung der Preise drohen Hunger und Armut. (gf)
In der Nacht auf den 1. Februar hat das Militär in Myanmar (früher Burma) die Regierung gestürzt. Der Putsch fiel auf den Tag, an dem die im Herbst 2020 klar gewählte Regierung unter Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi (75) die neue Amtsperiode angetreten hätte. Die Regierungschefin steht seither unter Arrest.
Vizepräsident Myint Swe (69), ein ehemaliger General, wurde zum Übergangsstaatsoberhaupt ausgerufen und hat sein Vizepräsidentenamt an den Militärchef übertragen. Damit liegt die eigentliche Macht bei Armeechef Min Aung Hlaing (64), der während des einjährigen Notstands die oberste Befehlsgewalt innehat.
Seit dem Putsch demonstrieren Hunderttausende auf den Strassen. Polizei und Militär gehen gegen sie brutal vor. Das Internet wird teilweise abgestellt. In mehreren Stadtteilen Yangons hatte das Militär am Sonntag das Kriegsrecht verhängt. «Jeder, der dort festgenommen wird, wird vor ein Militärgericht gestellt und riskiert Strafen von drei Jahren Haft bis zur Todesstrafe», hiess es. Wegen der massiven Erhöhung der Preise drohen Hunger und Armut. (gf)
Die Schweizer Uno-Sonderberichterstatterin Christine Schraner Burgener (57) will die Junta in Myanmar von einem Ende der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung überzeugen. Sonst drohe ein Bürgerkrieg. Die Bilder der Gewalt aus Myanmar seien fast nicht zu ertragen, sagte Schraner Burgener in der SRF-Sendung «Der Club» am Dienstagabend.
Sie erhalte täglich zahlreiche Videoclips aus Myanmar mit massivsten Menschenrechtsverletzungen. Da werde auf Protestierende geschossen, oder die Polizei halte bei Demonstrationen Krankenwagen auf, zerre die Menschen heraus und schlage sie mit Gewehren tot.
Sie habe der Armeeführung vor ein paar Tagen geschrieben, dass ihr Vorgehen unmöglich sei, und dass die Menschen nicht einmal im Krieg so behandelt würden, sagte die Schweizer Botschafterin, die weiterhin nicht nach Myanmar einreisen darf. Da gebe es wenigstens das Humanitäre Völkerrecht.
Schraner Burgener glaubt, dass der Chef der Junta, General Min Aung Hlaing, von einem Ende der Gewalt überzeugt werden könne, wenn er sich bewusst werde, dass die Situation ausweglos sei. Das könne nur passieren, wenn die Menschen weiter auf der Strasse blieben und quasi für ihre Freiheit kämpften.
«Wir wollen kein zweites Syrien sehen», sagte Schraner Burgener. Darum sei jetzt der Moment zum Handeln da. (SDA)
Die Schweizer Uno-Sonderberichterstatterin Christine Schraner Burgener (57) will die Junta in Myanmar von einem Ende der Gewalt gegen die Zivilbevölkerung überzeugen. Sonst drohe ein Bürgerkrieg. Die Bilder der Gewalt aus Myanmar seien fast nicht zu ertragen, sagte Schraner Burgener in der SRF-Sendung «Der Club» am Dienstagabend.
Sie erhalte täglich zahlreiche Videoclips aus Myanmar mit massivsten Menschenrechtsverletzungen. Da werde auf Protestierende geschossen, oder die Polizei halte bei Demonstrationen Krankenwagen auf, zerre die Menschen heraus und schlage sie mit Gewehren tot.
Sie habe der Armeeführung vor ein paar Tagen geschrieben, dass ihr Vorgehen unmöglich sei, und dass die Menschen nicht einmal im Krieg so behandelt würden, sagte die Schweizer Botschafterin, die weiterhin nicht nach Myanmar einreisen darf. Da gebe es wenigstens das Humanitäre Völkerrecht.
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«Wir wollen kein zweites Syrien sehen», sagte Schraner Burgener. Darum sei jetzt der Moment zum Handeln da. (SDA)