Lustige Schilder, nackte Haut und Popkultur
So trollen junge Burmesen die Armee

Mit Charme, mit Witz – und mit viel Mut: Die Jungen in Myanmar sind vom Militär-Putsch erstaunlich unbeeindruckt.
Publiziert: 12.02.2021 um 15:01 Uhr
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Aktualisiert: 17.03.2021 um 19:36 Uhr
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Sie wollen doch nur Liebe: Eine junge Frau protestiert gegen die gewaltsame Machtübernahme in Myanmar.
Foto: Screenshot
Fabienne Kinzelmann

Diese junge Frau hat einen frommen Wunsch. «Ich will keine Diktatur, sondern nur einen festen Freund», steht auf dem Schild, mit dem eine Burmesin für Demokratie in Myanmar protestiert. Sie ist eine von Hunderttausenden, die trotz Gewaltandrohungen so furchtlos gegen die neue Militärregierung auf die Strasse geht.

Am 1. Februar hatte die burmesische Armee die demokratisch gewählte Regierungschefin Aung San Suu Kyi (75) verhaftet und gewaltsam die Macht in Myanmar übernommen. Seit mehr als einer Woche gibt es Massenproteste gegen den Militär-Putsch.

Allein in der Metropole Yangon nahmen am Freitag Schätzungen zufolge mehr als 100'000 Menschen an verschiedenen Kundgebungen teil. Vor allem junge Menschen prägen die Demonstrationen.

Drei Finger für die Demokratie

«Ich hasse den Militär-Coup mehr als Manchester United» steht auf einem Protestschild, «Bitte zerstört nicht unser Land, sondern euer Ego» auf einem anderen. Die Burmesen protestieren in traditionellen Kostümen, auf Booten, Bodybuilder gehen mit nacktem Oberkörper auf die Strasse («Ich liebe Fitness und hasse den Coup!»). Augenzwinkernd fordern sie, man solle ihnen doch die Hantelbank wegnehmen – aber bitte nicht das Land.

Das Zeichen der Demokratiebewegung in Myanmar: drei erhobene Finger. Es ist das Protestsymbol aus «Die Tribute von Panem» (Original: «Hunger Games»), jener dystopischen Buch- und Filmreihe mit Schauspielerin Jennifer Lawrence (30).

Noch vor zehn Jahren kostete eine SIM-Karte 2000 Dollar

Der lustige wie bunte Protest zeigt, wie unbeeindruckt die junge Generation in Myanmar von den Militärs ist. Sie erinnern sich nicht mehr an die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung von 1988. Und: Für sie steht am meisten auf dem Spiel.

«Der Putsch ist furchtbar für die junge Generation», sagt eine 31-jährige Managerin aus Europa, die seit sieben Jahren in Myanmar lebt, zu BLICK. «Unsere Mitarbeiter haben Angst, dass es wieder wie früher wird.»

Als sie selbst nach Myanmar zog, habe eine SIM-Karte noch 2000 US-Dollar gekostet. «Jetzt gibt es Fast Food, Banken, Ausbildungsprogramme und Job-Möglichkeiten», berichtet die Managerin. Wer gut sei, könne jetzt 2000 bis 3000 US-Dollar pro Monat verdienen. «Davor war es so: Wenn du nicht Militärangehöriger bist, konntest du keine Karriere machen.»

Eine Schweizerin vermittelt in Myanmar

Nach Jahrzehnten der Militärherrschaft wagte das südostasiatische Myanmar (früher: Burma) erst 2011 zaghafte Schritte in Richtung Demokratie. Die Schweiz hat enge Verbindungen zu Myanmar: Seit mehr als 60 Jahren setzt sie sich für die demokratische Entwicklung in der ehemaligen britischen Kolonie ein. Als erstes westliches Land eröffnete die Schweiz 2012 auch eine Botschaft. Die Uno-Sondergesandte, die in Myanmar vermittelt, ist die Schweizer Diplomatin Christine Schraner Burgener (57).

US-Präsident Joe Biden (78) hat bereits auf den Militär-Coup reagiert. Gegen zehn Personen und drei Organisationen, die beim Putsch eine führende Rolle gespielt haben, haben die Vereinigten Staaten Sanktionen verhängt. Die Sanktionen richten sich ausdrücklich nicht gegen die Bevölkerung – doch sie sind ein herber Rückschlag für die junge Demokratie.

Erster Protest-Erfolg oder Falle?

Zum nationalen Einheitstag am 12. Februar begnadigte die Militärregierung unter Min Aung Hlaing (64) 23'000 Gefangene. Ein erster Erfolg für die Demokratiebewegung? Begnadigungen sind zum Union Day üblich, allerdings ist die Anzahl vergleichsweise hoch.

Aktivisten befürchten, dass die Regierung in den Gefängnissen Platz für politische Gefangene schaffen will und die Freigelassenen die Proteste behindern könnten. «Es gibt einen sehr schlechten Präzedenzfall. 1988 liess die Militärjunta die pro-militärischen Gefangenen frei und sie störten die friedlichen Demonstrationen unseres Volkes», sagte der Student Tayzar San der «BBC».

Weitermachen wollen die Aktivisten trotzdem. Die junge Generation will sich ihr Leben vom Putsch nicht versauen lassen. Auch für die nächsten Tage sind bereits Proteste angekündigt.

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