Uno-Sondergesandte über Militärputsch in Myanmar
«Die Situation ist sehr instabil»

Seit mehr als 60 Jahren setzt sich die Schweiz für Myanmar ein. Nach dem Militärputsch steht die junge Demokratie auf der Kippe – und eine Schweizerin muss vermitteln.
Publiziert: 06.02.2021 um 16:08 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2021 um 08:21 Uhr
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Christine Schraner Burgener in Myanmar: Seit 2018 ist die Schweizer Diplomatin Uno-Sondergesandte.
Foto: EPA
Fabienne Kinzelmann

Christine Schraner Burgener (57) hat nicht geschlafen. Von drei bis sechs Uhr am Morgen hat sie mit dem Militär in Myanmar telefoniert. «Es sieht ziemlich schwierig aus. Die Armee hat mir ihren Standpunkt erklärt und behauptet, dass sie nach der Verfassung nicht anders handeln konnte», sagt die Uno-Sondergesandte zu SonntagsBlick.

Seit dem Militärputsch Anfang Woche läuft ihr Telefon heiss, von ihrem Berner Wohnzimmer aus briefte Schraner Burgener den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am Dienstag für einmal ohne Vorlauf. Die ganze Welt will jetzt von der Schweizerin wissen: War es das schon mit der Demokratie in Myanmar?

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Nach Jahrzehnten der Militärherrschaft wagte das südostasiatische Myanmar (früher: Burma) erst 2011 zaghafte Schritte in Richtung Demokratie. Die Schweiz setzt sich seit mehr als 60 Jahren für die demokratische Entwicklung in der ehemaligen britischen Kolonie ein. Als erstes westliches Land eröffnete die Schweiz 2012 auch eine Botschaft.

Putsch wegen angeblichen Wahlbetrugs

Doch nicht mal eine Dekade später ist das Militär zurück an der Macht. Am Montag löste General Min Aung Hlaing (64) das Parlament auf und verhängte den Ausnahmezustand. Rund 140 Menschen – vor allem Aktivisten und Journalisten – sind verhaftet worden, wichtige Politiker wie Aung San Suu Kyi (75) stehen unter Hausarrest. Ihre liberal-konservative Partei NLD hatte bei der Wahl am 8. November 2020 rund 72 Prozent der Sitze in den beiden Kammern des Parlaments geholt. Die Armee spricht von Wahlbetrug, obwohl es dafür keine Beweise gibt.

Für Beobachter ist klar: Der Wahlbetrugsvorwurf ist ein Vorwand. Im Juli hätte General Min Aung Hlaing in den Ruhestand treten sollen, am Internationalen Gerichtshof in Den Haag läuft wegen des Völkermords an den Rohingya noch ein Verfahren gegen ihn. Hätte die der Armee nahestehende USDP die Wahl im November gewonnen, wäre er wohl Präsident geworden.

«Die Situation ist sehr instabil», so Schraner Burgener. Der Armee hat die Brückenbauerin angeboten, nach Myanmar zu reisen, um die Gespräche weiterzuführen – aber unter gewissen Bedingungen. «Meine erste Priorität ist, mich um die Gefangenen zu kümmern und dass keine Gewalt ausbricht.»

Facebook-Sperre, Streiks und Topfschlagen

Seit Donnerstag sind soziale Netzwerke wie Facebook blockiert. Medien erhielten eine unmissverständliche «Warnung». «Aktivisten und Führerinnen zivilgesellschaftlicher Organisationen berichten von Verhaftungen. Sie fühlen sich verfolgt und bedroht, einige tauchen ab, andere suchen nach Geld und Wegen, das Land zu verlassen», berichtet Peter Schmidt, Landesdirektor von Helvetas in Myanmar.

«Es fühlt sich an, als könnte jederzeit etwas passieren», beschreibt eine 31-jährige Managerin aus Europa die angespannte Situation in der Metropole Yangon und der isoliert gelegenen Hauptstadt Naypyidaw. Aus Angst vor dem Militär findet der Protest hauptsächlich leise statt. Hunderte Staatsangestellte sind im Streik, trotz hoher Arbeitslosigkeit haben viele ihren Dienst ganz quittiert.

Jeden Abend machen die Burmesen ihrem Ärger aber auch laut Luft. Sie schlagen auf Töpfe und Pfannen, hupen wild, singen. Am Montag ging der Protest nur fünf Minuten. Ende der Woche dauerte er schon eine Stunde.

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