Was sie getan haben soll, ist kaum vorstellbar. Lucy L.* (32) soll in Grossbritannien sieben Babys getötet haben. Und zwar während sie von Juni 2015 bis Juni 2016 als Krankenschwester auf der Neugeborenenstation im Spital in Cheshire arbeitete.
Getötet haben soll sie die Kinder durch Injektion von Luft, Milch, Insulin oder anderen Flüssigkeiten wie Kochsalzlösung oder Wasser. Dafür muss sie sich seit 4. Oktober vor Gericht verantworten. Zudem werden ihr Mordversuche an zehn weiteren Neugeborenen vorgeworfen.
Am Donnerstag erschien Lucy L. zum ersten Mal vor Gericht. Sie ist sich keiner Schuld bewusst und stritt sämtliche Vorwürfe ab, wie britische Medien berichten. Doch die Beweislage spricht gegen sie, wie die «Daily Mail» schreibt.
Mitarbeitende wurden stutzig
Allen Frühgeborenen ging es den Umständen entsprechend gut, als sie in die Obhut von Krankenschwester Lucy L. gegeben wurden. Erst danach habe sich die Gesundheit der Kinder drastisch verschlechtert – in vielen Fällen handelte es sich hierbei um Atemnot und unzureichende Sauerstoffsättigung im Blut.
Das fiel auch anderen Mitarbeitenden im Spital auf. In einer Nacht im Februar 2016 betrat ein Arzt das Zimmer, in dem Lucy L. die Frühchen behandelte und wurde stutzig. Denn: Obwohl der Monitor eines Babys klar anzeigte, dass es viel zu wenig Sauerstoff im Blut hatte, rief die Krankenschwester nicht um Hilfe, sondern sah einfach zu.
Das Kind konnte doch noch gerettet werden und starb zwei Tage später in einem anderen Krankenhaus, nachdem es verlegt worden war.
Krankenschwester fotografierte tote Kinder
Auch die Eltern von der Frühgeborenen wurden misstrauisch. Als eine Zwillingsmutter nachts ihre Kinder auf der Intensivstation besuchen wollte, fand sie Lucy L. über einen ihrer Söhne gebeugt vor – dieser blutete stark aus dem Mund. Doch die Krankenschwester wimmelte die Mutter ab: «Ich bin Krankenschwester, ich mache das schon.» Das Kind verstarb am Folgetag, sein Bruder hatte mehr Glück und überlebte.
Unfassbar: Lucy L. soll verstorben Kinder in ihren Bettchen fotografiert haben. Danach sprach sie den verzweifelten Eltern ihr Beileid aus und tröstete sie sogar.
Ihr letztes Opfer überlebte einen Angriff am 25. Juni 2016, so die Anklage. Die Britin wurde daraufhin vom Dienst suspendiert, bevor sie im folgenden Monat verhaftet wurde.
«Ich verdiene es nicht, zu leben»
Nach ihrer Verhaftung fanden Ermittler zudem Unmengen an gelben und grünen Notizzetteln, auf denen beunruhigende Nachrichten gekritzelt wurden. Auf einer soll gestanden haben «Ich bin böse, ich habe das getan», wie beim Prozess am Donnerstag bekannt wurde.
Auf einem Blatt Papier standen unter anderem die Worte «Hoffnung, Panik und Angst». Und: «Ich werde nie Kinder haben oder heiraten. Ich werde nie erfahren, wie es ist, eine Familie zu haben.» Einige der anderen gekritzelten Zeilen enthielten das Wort «Hass» in Grossbuchstaben, zusammen mit «Es gibt keine Worte», «Ich kann nicht atmen» und «Töten».
Zum Abschluss der Eröffnungsrede der Staatsanwaltschaft, die am Montag begann, wurde ein Zettel gezeigt, auf dem stand: «Ich verdiene es nicht, zu leben. Ich habe sie absichtlich getötet, weil ich nicht gut genug bin.» Und weiter: «Ich bin ein schrecklicher, böser Mensch». Der Prozess soll bis zu einem halben Jahr dauern. (chs)
* Name bekannt