Auf Instagram wird er als Bergsteiger-Superstar von seinen mehr als zwei Millionen Followern gefeiert. 45 Mal bestieg er insgesamt einen Achttausender, 2019 kraxelte sogar in nur einem halben Jahr auf alle 14 höchsten Berge der Welt. Doch nun sorgt der Bergsteiger Nirmal Purja für Beef am Dach der Welt. Die nepalischen Behörden ermitteln sogar gegen ihn.
Grund dafür ist ein am Sonntag veröffentlichtes Video, in dem Purja brisante Anschuldigungen macht. «Jemand hat die Seile direkt unterhalb des Südgipfels des Everests abgeschnitten», so der Bergsteiger. «Jeder weiss, dass mein Team gerade jetzt den Gipfel erreichen wollte. Ich habe versucht, ruhig zu bleiben, aber jetzt muss ich sprechen. Die Leute müssen das wissen.»
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Damit nicht genug. Gemäss Purja handelt es sich um keinen Einzelfall: «Es ist nicht das erste Mal, dass ich mit solchen Dingen zu kämpfen habe. Ich muss seit 2019 ekelhafte und schmutzige Politik und Taktik über mich ergehen lassen, einfach weil ich die Branche revolutioniert habe und sehr erfolgreich war! Die Leute versuchen immer wieder, mich zu unterzukriegen!»
Purja ist der prominenteste Vertreter der neuen Generation von Everest-Tour-Anbietern, die aus Nepal selbst stammen und nicht von Bergsteigern aus dem Westen geleitet werden. Die früher nur als Angestellte der internationalen Agenturen eingesetzten Nepalesen übernehmen immer grössere Anteile des lukrativen Himalaya-Geschäfts.
«Niemand hätte absichtlich Seile durchtrennt»
Nach der Tirade des Bergsteigers folgt ein Clip, in dem Purja auf nepalesisch mit einer Person namens Mingmar vom Ausrüster Peak-Promotions telefoniert. Ein Team des Ausrüsters war demnach kurz zuvor im Gipfelbereich unterwegs, um eine Leiche zu bergen. Gemäss Mingmar und einem beteiligten Sherpa soll das Team während der Mission gemeldet haben, dass die betroffenen Seile «durchtrennt und auf die andere Seite geworfen» wurden. Auf Anfrage von «Explorers Web» äusserte sich der Sherpa, der das Team leitete, jedoch nicht zu den Vorwürfen.
In der Kletter-Community sorgte das Video derweil für viel Aufsehen. Während einige schockiert sind, zweifeln andere an den Vorwürfen. So auch Sherpa Nga Tenjin: «Niemand hätte absichtlich eine feste Linie am Berg durchtrennt. Und wenn doch, wäre die Regierung bereit, schwere Strafen zu verhängen.» Weiter betont er, Purja könne keine Anschuldigungen ohne feste Beweise erheben. «Sollten seine Behauptungen unwahr sein, könnte ihm das erhebliche Probleme bereiten.»
Bergsteiger erklimmen Everest ohne Problem
Zweifel an den Vorwürfen bringt zudem auf, dass am Samstag mehrere Bergsteiger den Gipfel erklommen. Darunter die nepalesische Bergsteigerin Purnima Shrestha, die «Explorers Web» meldet, es habe keine Probleme mit den Seilen gegeben.
Am Montag erreichte dann ein Team vom indischen Bergsteiger Satyadeep Gupta den Gipfel. Er bestieg zum zweiten Mal in dieser Saison den Everest sowie den benachbarten Lohtse. Geplant war, beide Gipfel innerhalb von acht Stunden zu erklimmen. Ein Sprecher seines Teams erklärt dem Onlineportal jedoch: «Wir haben das Team gewarnt, sich möglicher Schwierigkeiten mit den Seilen bewusst zu sein, und das hat dazu geführt, dass sie langsamer waren». Gupta brauchte letztendlich 11 Stunden und 15 Minuten. Probleme mit Seilen habe es auch hier keine gegeben.
Tourismusbehörde leitet Ermittlungen ein
Letztendlich veröffentlichte die Tourismusbehörde von Nepal wegen Bedenken hinsichtlich der Diffamierung von Bergsteigertourismus in Nepal eine Pressemitteilung zu Purjas Vorwürfen. «Wir möchten alle Beteiligten darüber informieren, dass es keinerlei Probleme mit der Seilbefestigung gibt», heisst es in der Meldung. «Wir appellieren an die Medien, Fehlinformationen nicht zu verbreiten, sondern sich auf offizielle Informationen zu verlassen», schreibt die Behörde weiter.
Gegen Purja und «andere Personen» sei nun eine «rechtliche Untersuchung» eingeleitet worden – wegen «Verbreitung von Fehlinformationen mit der Absicht, Popularität zu erlangen».
Purja und sein Team haben sich derweil nicht zu den Ermittlungen und Lügen-Vorwürfen geäussert. Eine ausführliche Erklärung soll aber folgen, sobald das Team von seinem aktuellen Gipfelvorstoss zurückkehrt.