Übrig ist nur Schutt und Asche: In der Neujahrsnacht sind in der ukrainischen Stadt Makijiwka 89 russische Soldaten nach einem Raketenanschlag in den eingestürzten Trümmern eines Stahlbeton-Gebäudes geborgen worden. Das teilte der Generalleutnant Sergej Sewrjukow in Moskau am Mittwoch mit. Die tatsächliche Opferanzahl könnte höher sein – die Ukraine sprach gar von 400 Toten und 300 Verletzten.
Laut Sewrjukow wussten die Ukrainer, dass sich in dem Gebäude Russen befinden, weil einige Soldaten in der Neujahrsnacht trotz Verbot ihre Mobiltelefone nutzten. Doch manche Militärblogger kritisieren diese Schuldzuweisung.
Dass russische Militärblogger die Befehlshaber kritisieren, ist eher ungewöhnlich. Denn üblicherweise stehen sie hinter dem Kremlchef und berichten im Sinne von dessen Propaganda. Doch dass eigene Soldaten so verheizt werden, geht auch den Patrioten ordentlich gegen den Strich.
Es fehlt an Kanonenfutter
Laut dem prorussischen Militärblogger Aleksandr Kots hätten die russischen SIM-Karten in Donezk gar nicht funktionieren sollen. «Aber es ist natürlich einfacher, alles auf die Toten selbst zu schieben», schreibt er auf Twitter.
Das sei aber nicht das einzige Problem der Mobilisierung. Die mobilisierten Russen würden gar nicht denjenigen Posten zugeteilt werden, für die sie ausgebildet wurden. Ein Beispiel: Wer für die Artillerie ausgebildet wurde, kann trotzdem als Kanonenfutter im Fussvolk landen. «Die ganze Ausbildung ist umsonst, und eine unvorbereitete Einheit wird an die Front geschickt», schreibt Kots.
Auch auf Twitter bekundeten mehrere Kämpfer, dass sie an die falsche Stelle geschickt wurden. Sie baten Putin und die Verantwortlichen darum, an die richtige Stelle versetzt zu werden. Dieses Chaos spielt den Ukrainern direkt in die Arme. So komme es, dass daneben geschossen werde oder auf die eigenen Leute, beklagen mehrere Soldaten in abgehörten Telefonaten.
Putin findet immer einen Sündenbock
Putin hüllt sich unterdessen in Schweigen. «Das ist eine traditionelle Strategie. Für Misserfolge werden Sündenböcke gesucht», sagt Ulrich Schmid, Russland-Experte an der Universität St. Gallen. Und ein solcher Sündenbock findet sich immer wieder. Entweder es sind die Behörden oder die Kommandanten – im Fall Makijiwka waren es die Soldaten selbst. «Ihr Schicksal ist nun eine Warnung für alle Soldaten der russischen Armee», so Schmid.