Israel schlägt im Gazastreifen immer härter zu. Laut eigenen Aussagen kommt die Armee dem Ziel, die Hamas zu zerstören, immer näher. Dennoch bereiten zwei unerreichte Operationsziele der Armeeführung Kopfzerbrechen.
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IDF-Stabschef Generalleutnant Herzi Halevi sprach während der Feierlichkeiten des jüdischen Lichterfests Chanukka zwar von wachsenden Erfolgen und dem Zusammenbruch der Hamas-Regierung, erinnert aber auch daran, die Bemühungen fortzusetzen. «Wir sehen jeden Tag mehr und mehr getötete und verwundete Hamas-Führer», zitiert «Die Welt» den Offizier in seiner Ansprache. «Und in den letzten Tagen haben sich Terroristen ergeben – ein Zeichen für den Zerfall des Systems, ein Zeichen dafür, dass wir härter durchgreifen müssen.»
Mit der letzten Aussage könnte er auf zwei wichtige Punkte anspielen, die die israelische Armee noch nicht erreicht hat: Kein führender Kopf der Hamas ist gefasst – und die verbliebenen Geiseln sind noch nicht befreit.
Multifronten-Krieg in Gaza
Um diese Ziele zu erreichen, greift die Armee zu schonungslosen Mitteln: Seit einiger Zeit greift Israel den gesamten Gazastreifen an. Zudem tauchten vergangene Woche Bilder auf, die Dutzende Männer, nur mit Unterhosen bekleidet, auf dem Boden kniend zeigen. Umkreist waren sie von israelischen Soldaten, die die Männer durchsuchten. In den sozialen Medien sorgten die Bilder für einen grossen Aufschrei. Die Männer würden ihrer Würde beraubt, hiess es.
Nach Darstellung der Armee handelte es sich um Szenen, in denen sich die der Hamas zugeordneten Männer den israelischen Soldaten ergaben. Gemäss Armeesprecher Daniel Hagari sollen sie neue Erkenntnisse über den Aufenthaltsort von Geiseln oder «Terroristen» preisgeben und der Armee bei der «operativen Arbeit» helfen.
Befinden sich Hamas-Kämpfer und Geiseln in Chan Junis?
In diesem Kontext würde die Festnahme von Yahya Sinwar (61), dem Anführer der Hamas in Gaza, eine bedeutende Symbolkraft haben. Es wurde kürzlich berichtet, dass Israels meistgesuchter Mann, den israelischen Sicherheitskräften im letzten Moment entkam.
Das Versteck von Sinwar wird in Chan Junis vermutet – dort befindet sich auch das logistische Zentrum und Rückzugsgebiet der Hamas. Die israelische Armee hat ihre Angriffe auf die zweitgrösste Stadt des Gazastreifens erhöht. Dies könnte besonders heikel sein, denn auch die Geiseln befinden sich mutmasslich in Chan Junis.
Dem Institute for the Study of War (ISW) zufolge hat die Hamas jüngst ihre Taktik geändert. Vom Versuch einer Verlangsamung der israelischen Offensive seien sie zu einer gezielten Verteidigung ihrer Verstecke übergegangen. Denn: Mit den Drohnen und Kampfjets kann die Hamas nicht konkurrenzieren. (ene)