Späh-Soldatinnen meldeten ungewöhnliche Beobachtungen – trotzdem passierte nichts
Ignorierte Israel Warnungen, weil sie von Frauen kamen?

Israelische Soldatinnen haben offenbar lange vor dem Hamas-Überfall auf Israel vor verdächtigen Entwicklungen gewarnt. Die Kommandanten der Späheinheit schenkten den Hinweisen aber keine Beachtung.
Publiziert: 11.12.2023 um 11:32 Uhr
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Aktualisiert: 11.12.2023 um 13:04 Uhr
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Israelische Spähsoldatinnen erheben schwere Vorwürfe gegen ihre Kommandanten.
Foto: Getty Images
Janine Enderli

Israel und der Westen wurden vom Hamas-Angriff überrumpelt. Seit dem 7. Oktober diskutiert die israelische Öffentlichkeit, wie die Hamas einen solch unvermittelten Angriff zustande brachte. Jetzt kommt heraus: Warnungen einer Soldatinnen-Einheit wurden offenbar lange ignoriert.

Über mehrere Monate beobachtete die Späheinheit Tatzpitaniyot verdächtige Entwicklungen an der Grenze zu Gaza, schreibt das israelische Portal Haaretz. Am 7. Oktober spitzte sich die Situation zu. Eine Späherin sah, wie ein verdächtiger Mann mitten in der Nacht vor einem Tor auf der anderen Seite des Grenzzauns lange verharrte und sich dann wieder entfernte. Später habe er sich mit anderen Männern getroffen. Das Ganze habe wie eine Besprechung gewirkt.

Die junge Frau informierte ihren Vorgesetzten über die Vorkommnisse. «Es tut mir leid, sie zu so später Stunde wecken zu müssen», soll sie gesagt haben. «Ich denke aber, dass hier etwas Seltsames vor sich geht.» Die schulterzuckende Reaktion des Kommandanten: Es sei immer gut, wachsam zu sein. 

«Ihr seid unsere Augen, nicht unser Kopf»

Dies war jedoch nicht der einzige Vorfall, der einen Hinweis dafür lieferte, dass sich auf der anderen Seite der Grenze etwas zusammenbraut. So stellten die Frauen fest, dass palästinensische Guerillas mit Sprengstoff trainierten oder Angriffe auf nachgebaute Panzer und militärische Posten probten, wie Clemens Wergin, Chefkorrespondent Aussenpolitik der «Welt», in einem Recherchestück schreibt. Die Späherinnen meldeten, dass die Bemühungen immer intensiver würden und sich immer mehr Einheiten damit beschäftigten. 

In Israel wird die Arbeit der Späheinheiten vor allem von Soldatinnen erledigt. In Neun-Stunden-Schichten würden sie auf Monitore schauen, die Bilder der an der Grenze installierten Videokameras zeigen. Zusätzlich kontrollieren sie elektronische Sensoren.

In ihrem jeweiligen Grenzabschnitt kennen sich die Soldatinnen bestens aus. «Ich kenne jeden Stein, jedes Fahrzeug, jeden Hirten, jedes Hamas-Trainingslager, Arbeiter, Vogelbeobachter, Pfade und Aussenposten.» Seit Jahren klagen Spähsoldatinnen jedoch darüber, von oberen Dienstgraden nur herablassend behandelt zu werden, wie sie zu Haaretz sagen. «Niemand kümmert sich um uns», sagt eine Soldatin. Die Einstellung der Kommandanten sei: «Ihr seid unsere Augen, nicht unser Kopf.» Wie israelische Medien und auch die «Financial Times» (FT) berichten, hätten die Kommandanten ihren Soldatinnen gar «Hirngespinste» und «Einbildungen» vorgeworfen. 

Interne Struktur angeprangert

Die Frauen versuchten, sich zu wehren. «Wir sagten ihnen, dass dort etwas Schlimmes passiert. Wir schrien sie an», erzählte eine Späherin Haaretz. Sie glaubt aber, dass die Frauen vor allem wegen ihres jungen Alters nicht ernst genommen werden. «Es gibt keinen Zweifel, dass die Dinge anders ausgesehen hätten, wenn Männer vor den Bildschirmen gesessen hätten.»

Seit dem Ausbruch des Gaza-Kriegs spielten Frauen immer wieder eine Rolle. So schrieben die Soldatinnen des Caracal-Infanterie-Bataillons Geschichte, als sie fast 100 Hamas-Kämpfer töteten und einen Militärposten verteidigten. Weltweit sind sie wohl die erste rein weibliche Panzereinheit, die an echten Kampfhandlungen teilnahm. 


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