«Die Waffe ist mein Ehemann»
Russische Soldatinnen erzählen vom Leben im Ukraine-Krieg

Russinnen wurden im Ukraine-Krieg bisher als Köchinnen und Ärztinnen eingesetzt – doch mittlerweile rekrutiert Putin Frauen als Scharfschützinnen und Drohnenpilotinnen. Die Frauen erzählen nun, wie ihr Alltag an der Front aussieht.
Publiziert: 01.12.2023 um 11:12 Uhr
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Aktualisiert: 11.12.2023 um 10:51 Uhr
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Putin will mehr Frauen an der Front.
Foto: Telegram
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Jenny WagnerRedaktorin News

300'000 russische Soldaten sollen in der Ukraine verletzt oder getötet worden sein, so die Schätzung der Nato am Dienstag. Weil Männer fehlen, will der russische Präsident Wladimir Putin (71) mehr Frauen an die Front schicken. Nicht als Ärztinnen oder Köchinnen, sondern als Scharfschützinnen.

Für die Rekrutierung ist das Bataillon Espanjola zuständig, das Teil der Söldnergruppe Redut ist. Redut wiederum ist dem Verteidigungsministerium unterstellt, berichtet «Important Stories». Espanjola biete jeder Frau die «Möglichkeit zur Selbstverwirklichung, zu Bildung und zum Fortschritt», heisst es auf Telegram. Und zwar nicht nur bei den Scharfschützen, sondern unter anderem auch bei Sturmtruppen-Formationen.

Laut dem russischen Investigativportal gibt es mittlerweile neben Köchinnen und Ärztinnen ganze Angriffseinheiten an der Front, die nur aus Frauen bestehen. Eine «Important Stories»-Journalistin wandte sich an den Telegramkanal von Espanjola und fragte nach den Vertragskonditionen. Das Arbeitsverhältnis gelte für sechs Monate, mit Option auf Verlängerung, wurde ihr mitgeteilt. «Du bekommst 110'000 bis 120'000 Rubel im Monat. Je nach Kampfzone wird die Bezahlung verdoppelt», so die Antwort. Das sind zwischen 1000 und 1170 Franken monatlich.

In Russland ist das eine Menge Geld. 2022 betrug der Durchschnittslohn umgerechnet 630 Franken im Monat. Im Todesfall sollen Angehörige 48'000 Franken Entschädigung bekommen. Männer erhalten die gleichen Summen.

Frauen werden online rekrutiert

Ein anderes Redut-Bataillon namens Bors soll ebenfalls Frauen via Social Media rekrutieren und sie zu Scharfschützinnen und Drohnenpilotinnen ausbilden. «Frauen können mehr als Suppe kochen und Kinder kriegen», sagte eine russische Soldatin zu einer Journalistin von «Important Stories» im Oktober.

Die Kämpferin Natalija erzählte vom Alltag an der Front. Sie hält ihren Kameraden den Rücken frei und besorgt Informationen mit Drohnen. Und auch Julia ist Söldnerin. «Ich bin Drohnenpilotin, will aber Scharfschützin werden. Daran arbeite ich», erzählt sie.

Die beiden kämpfen aus Überzeugung für Russland. «Dass ich eine Frau bin, stört niemanden», sagt Natalija. Die Drohnenpilotin erzählt, dass sie Kommandeure traf, die sagten, dass sie keine Frauen in der Einheit haben wollen. Die würden sich nur einen Ehemann suchen, so der Vorwurf der Offiziere. Darüber kann Natalija nur den Kopf schütteln. Sie umklammert ihre Waffe und sagt: «Das ist mein Ehemann.» Ihre Kollegin pflichtet ihr bei. «Ja, das ist mein Allerliebster.»

Putin wirbt verzweifelt um Freiwillige

Kampferfahren muss man nicht sein. Hatten die Frauen noch nie eine Waffe in der Hand, werden sie in Donezk ausgebildet. Die Espanjola soll bereits mehrere Heldinnen ausgezeichnet haben. Ihr Telegramkanal ehrte beispielsweise eine Kämpferin namens Grosa, die für ihren Einsatz in Bachmut ausgezeichnet wurde. Im Video wird der Frau mit bedecktem Gesicht ein Messer überreicht. Wie Important Stories berichtet, gibt es sogar Ehepaare, die Seite an Seite in der Ukraine kämpfen.

Putin versucht mit allen Mitteln, eine zweite Mobilmachung in Russland zu vermeiden – denn die erste Mobilisierungswelle führte zu Auflehnungen im Land. Der Kreml-Chef will so kurz vor der Präsidentschaftswahl keinen Unmut im Volk riskieren. Deshalb setzt er vor allem auf freiwillige Kämpfer – und lockt sie mit einer guten Bezahlung in den Krieg.

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