Israel bombt weiter gegen die Hamas und auch die Hisbollah kommt zunehmend ins Visier
Die wichtigsten Antworten zur aktuellen Lage in Gaza

Zwei Monate nach dem Hamas-Massaker an Zivilisten in Israel tobt der Krieg auf dem gesamten Gaza-Streifen. Die Bilanz bisher: 17'700 Tote, 48'780 Verletzte, 1,9 Millionen Vertriebene. Ein Kriegsende ist nicht in Sicht. Ganz im Gegenteil.
Publiziert: 10.12.2023 um 20:04 Uhr
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Aktualisiert: 11.12.2023 um 07:25 Uhr
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In den letzten Tagen überquerte ein Bataillon des 282. Artillerie-Regiments mit seinen selbstfahrenden M-109-Haubitzen die Grenze, um die Offensive der 188. Panzerbrigade im Stadtteil Shejaiya in Gaza-Stadt zu unterstützen.
Foto: AFP
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Myrte MüllerAussenreporterin News

Während Premier Benjamin Netanjahu (74) die Kämpfe in Gaza mit aller Härte ausweitet, kündigt Parteigenosse Zachi Hanegbi (66) den nächsten Krieg an – im Libanon. Haben Feuerpausen, Geiselbefreiung, humanitäre Rettung und ein baldiger Frieden in der Region noch eine Chance? Blick beantwortet die wichtigsten Fragen. 

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Wie ist die militärische Lage in Gaza heute?

Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) haben ihre Bodenoffensive auf das gesamte Gaza-Gebiet ausgeweitet. Die Operation wird mit Artilleriefeuer, Raketenangriffen und Panzerbrigaden begleitet. Die IDF haben die Kontrolle über den Norden Gazas erlangt, und sind im Begriff, die Hamas-Hochburg Chan Yunis im Süden einzunehmen. Man habe die Kommandozentralen der Hamas in Dschabalia und Schedschaija im Visier, sagt Sicherheitsberater Zachi Hanegbi. Allein am Samstag seien über 250 Ziele aus der Luft und vom Meer aus getroffen worden, darunter Waffenlager und Stützpunkte der Hamas. Seit Beginn der Kämpfe seien 7000 Hamas-Kämpfer getötet worden. Hunderte hätten sich in den vergangenen Tagen ergeben. Bilder von aufgereihten, bis auf die Unterhose entkleideten Männer gingen um die Welt. 

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Was will die israelische Regierung?

Oberste Mission ist die Zerschlagung der Hamas. Danach sollen die restlichen 138 Geiseln aus der Gewalt der Terroristen befreit werden. Das weit verzweigte Tunnelsystem der Hamas soll gesprengt oder möglicherweise mit Meereswasser geflutet werden. Es gilt, die Infrastruktur der Hamas und deren Führungsriege zu zerstören. Die Kämpfe würden noch intensiviert und der militärische Druck erhöht, kündigte Generalstabschef Herzi Halevi (55) am Samstagabend am. Eine Feuerpause wird nicht verhandelt, seit Hamas Anfang Dezember ankündigte, ohne Waffenstillstand keine Geiseln mehr freizulassen.

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Wer sind die Hamas-Führer, auf die Israel in Gaza Jagd macht?

Ganz oben auf der Liste stehen der Chef des Hamas-Politbüros Jahia Sinwar (61) und der oberste Befehlshaber der Al-Kassam-Brigaden, Mohammed Deif (58). Der erste hat den Angriff auf israelische Zivilisten vom 7. Oktober seit Jahren minuziös geplant, der zweite hat im Massaker das Kommando geführt. Sinwar und Deif stammen aus Chan Yunis im Süden Gazas. Dort werden auch ihre aktuellen Verstecke vermutet. Sinwar habe sich, so israelische Medien, gleich nach Beginn der Bodenoffensive in einem Hilfskonvoi von Gaza-Stadt in den Süden abgesetzt. Als israelische Einheiten jetzt sein Haus in Chan Yunis umstellten, sei der der Hamas-Führer über unterirdische Gänge verschwunden. Israel will den Kopf Sinwars. Sein Tod soll die Hamas abschrecken und zur Aufgabe zwingen, sagt Hanegbi. 

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Was plant Israel für die Zukunft in Gaza?

Benjamin Netanjahu spricht von militärischen Pufferzonen in Gaza, sein Aussenminister Eli Cohen (55) von einer «Besatzung light» des Streifens, in der Israel auch in Zukunft den Palästinensern jederzeit die Wasser-, Energie- und Stromversorgung sowie Lebensmittel- und Medikamenteneinfuhren blockieren könne. In einem Interview mit dem «Wall Street Journal» betont Cohen «wir wollen den Gazastreifen nicht regieren, sondern nur unser Volk schützen». Gaza wieder aufbauen, das will Israel nicht. 

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Ist nach einem Sieg über Gaza der Krieg zu Ende?

Auch mit der Zerschlagung der Hamas in Gaza, ist Israels Sicherheit noch lange nicht garantiert. Die Hamas findet zunehmend Unterstützung im Westjordanland, wo radikale jüdische Siedler mit Angriffen auf ihre palästinensischen Nachbarn provozieren. Im nördlichen Grenzgebiet zum Libanon wurden 60'000 Israeli evakuiert, weil die Hisbollah immer wieder mit Raketen angreift. Israel antwortet mit Bombardierungen der Hisbollah-Stellungen im Libanon. Einen Krieg gegen Hisbollah im Libanon hält Zachi Hanegbi für sehr wahrscheinlich. Allerdings erst, wenn die Hamas besiegt sei. Denn, so Netanjahus nationaler Sicherheitsberater im Interview mit der «Times of Israel», Israel wolle keinen Zweifrontenkrieg. Beirut aber könne durchaus enden wie Gaza City, sagt der Politiker.

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