Er ist eine ganz grosse Nummer im internationalen Drogengeschäft. Hakan A.* (42) macht aus seinem Mafia-Rang keinen Hehl. Er postet sein Luxusleben im Netz. Er zeigt sich auf Partys mit seinen «Partnern» wie beispielsweise dem chinesischen Triaden-Anführer Mark Ho. Er posiert mit schweren Schusswaffen, verbrüdert sich mit Australiens Rocker-Bande, den Comancheros. Follower seiner Social-Media-Accounts kennen seine Reisen nach Dubai, Hongkong, Istanbul. Sein Spitzname: der «Facebook-Gangster».
In Australien zählt der türkische Drogenbaron zu den gefährlichsten Verbrechern - und sicher zu den weltweit am besten vernetzten. Das nutzt das FBI. Vor anderthalb Jahren schanzen Untercover-Agenten dem eitlen Mafiaboss eine «abhörsichere» App zu. Hakan A. verteilt sie munter unter seinen weltweiten Partnern. Er verkauft sie sogar weiter. Fortan kommunizierten 11'000 Bandenmitglieder über die sogenannten Kryptohandys. Da wurde kein Blatt vor dem Mund genommen. Es wurden Drogen bestellt, Lieferungen ausgehandelt, Geld gewaschen, sogar Morde in Auftrag gegeben. Und bei jedem Gespräch hörten die US-Fahnder aufmerksam mit. Insgesamt wurden 27 Millionen Nachrichten herausgefiltert.
Jedes Gespräch wurde belauscht
Am 8. Juni schlagen internationale Ermittler zu. 800 Verdächtige in 16 Ländern wurden festgenommen, mehr als 700 Häuser durchsucht. Es konnten acht Tonnen Kokain, 22 Tonnen Cannabis, 250 Schusswaffen sowie 55 Luxuswagen und grosse Mengen an Bar- und Kryptogeld beschlagnahmt werden. Besonders erfolgreich war die Polizei in Australien. Dort nahmen 4500 Beamte 200 Verdächtige fest, durchsuchten 500 Häuser und stellten 28 Millionen Euro sicher. In Deutschland wurden 70 Personen verhaftet. In Österreich kam es zu 81 Festnahmen.
Stolz verkündet Europol in einer Pressekonferenz am Dienstag im niederländischen Den Haag: «Es ist eine der bislang grössten und ausgeklügeltesten Strafverfolgungsoperationen im Kampf gegen verschlüsselte kriminelle Aktivitäten». Hinter den Namen «Trojan Shield», «Operational Task Force Greenlight» oder «Operation Ironside» verbarg sich eine streng geheime Zusammenarbeit von FBI, der US-Drogenbehörde FDA, der Polizei von Schweden und der Niederlande sowie von Europol.
FBI entwickelte App fürs kriminelle Milieu
Die gigantische Abhör-Aktion wurde gut vorbereitet. Die Polizei hackte sämtliche Anbieter von verschlüsselten Messengern und Kryptohandys und liess sie schliessen. Gleichzeitig entwickelten die Strafverfolgungsbehörden eine eigene Verschlüsselungs-App namens «Anom» und brachte diese über V-Leute im kriminellen Milieu in Umlauf. Das FBI eröffnete in San Diego eigens dafür eine Firma, die mehr als 12'000 verschlüsselte Geräte an über 300 kriminelle Banden in mehr als 100 Ländern lieferte. Auch Dank dem Eifer von Hakan A., dem eitlen Mafiaboss. Der ist noch immer auf der Flucht. Nicht mehr nur vor der Polizei.
* Name der Redaktion bekannt