Dem Verteidigungsminister Sergei Schoigu (67) ist Jewgeni Prigoschin (61) offenbar ein Dorn im Auge. Denn «Putins Koch», der dank Catering zu Geld und Macht gekommen ist, soll mit seiner Söldnertruppe Wagner für Siege in Soledar und Vororten von Bachmut gesorgt haben – während Schoigu als Leiter der regulären russischen Armee keine Ziele in der Ukraine erreichte. Doch im Kreml ist der Mann höchst umstritten. So sehr, dass in den russischen Medien über Prigoschin im Zusammenhang mit Krieg nicht berichtet wird.
Prigoschin nimmt kein Blatt vor den Mund. So forderte er den ukrainischen Präsidenten zum Duell heraus oder drohte, Kritikern ins Gesicht zu urinieren. Wegen solcher Aussagen wurde Prigoschin aus dem russischen Propaganda-Mix der Russen herausgeschnitten. Aber auch, weil Abgeordnete Angst vor Prigoschins möglicher politischer Karriere haben. Das zeigt ein Dokument, das über den Telegram-Kanal «Grey Zone» verbreitet wurde.
Darin heisst es unter anderem, dass die Sender «positiv» über Schoigu oder den Leiter der Spezialoperation, Waleri Gerassimow, berichten sollen. «Bei der Berichterstattung über die Feindseligkeiten in Richtung Donezk (...) muss auf die Erwähnung der Wagner-Gruppe und dessen Leiter Jewgeni Prigoschin vollständig verzichtet werden», steht es im Leitfaden über die Berichterstattung. Anstelle von «Wagner-Gruppe» sollen die Medien stattdessen von «Angriffseinheiten» oder «russischen Fallschirmjägern» sprechen.
Prigoschin darf keine Gefangenen mehr rekrutieren
Schoigu soll es auch gewesen sein, der dafür sorgte, dass Prigoschin keine Häftlinge mehr rekrutieren darf. Am Donnerstag gab Putins Koch bekannt: «Die Rekrutierung von Gefangenen im militärischen Wagnerverbund wurde vollständig eingestellt.» Zu den Gründen schwieg er.
Dennoch ist die Wagner-Gruppe entscheidend für die russische Invasion in der Ukraine. Nur durch sie konnte Russland so grosse Teile der Ukraine erobern. Und auch in Bachmut sollen Wagner-Truppen immer weiter vordringen. Welche politischen Ziele Jewgeni Prigoschin derweil verfolgt, darüber rätselt ganz Russland. «Wir verstehen nicht, was seine politischen Ambitionen sind», sagt Oleg Matveychev, Parlamentsabgeordneter von Putins Partei, in einem Interview mit der «New York Times».
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Sergei Markov, ein Putin-freundlicher Politologe, zweifelt daran, dass Prigoschin politisch sonderlich erfolgreich sein wird. Dafür habe er zu viele Kritiker im Kreml. «Sie wollen ihn anscheinend nicht in die Politik bringen, weil er so unberechenbar ist – sie haben ein bisschen Angst vor ihm», so Markov zur «New York Times». Doch auch wenn Prigoschin immer wieder behauptet, dass er kein politisches Amt möchte, sagen seine öffentlichen Auftritte etwas anderes.