Eine Million Liter Wasser ergossen sich am frühen Morgen des 16. Dezembers 2022 in die Lobby des Radisson Blu Hotels in Berlin und auf die Strasse. 1300 Fische wurden zwischen grossen Plexiglasscherben auf den Boden gespült. Nach dem Vorfall gab es viele Spekulationen über die Ursache des zerborstenen Riesenaquariums – nun scheint es einen Hinweis zu geben.
Am Mittwoch stellte der Kunststoffexperte und Ingenieur Christian Bonten sein Gutachten vor. Er konnte viele Theorien ausschliessen: «Ich habe nichts übersehen, ich habe Daten gewälzt und alles gefunden, was ich gesucht habe», so Bonten – nur keine eindeutige Ursache.
Material war in Topzustand
Mehrere Theorien kann der Ingenieur widerlegen, wie der «Spiegel» berichtet. Zum Beispiel die der Materialermüdung. «Das Material war immer noch in einem Topzustand», sagt Bonten.
Eine Sabotage durch Schusswaffen, Hämmer oder Eispickel kommt nach Ansicht des Kunststoffexperten nicht infrage. Eine Beschädigung durch Putzmittel hält Bonten ebenfalls für unwahrscheinlich, da Taucher das Aquarium fast täglich kontrolliert hätten. Auch ein Erdbeben, eine Schieflage des Betonfundaments oder einen Kälteschaden schliesst der Ingenieur aus.
Ein Indiz findet Bonten dennoch: «Ich nenne es den Zahn. Das ist für mich ein ganz wichtiges Stück», teilt er in seinem Gutachten mit. Gemeint ist ein dreieckiges Stück Acrylglas, das noch im Betonfundament steckte. «Darüber ist das Ganze gekippt», sagt der Experte. Unterhalb des «Zahns» seien die Scherben grösstenteils in eine Richtung verteilt gewesen. «Ich bin mir sicher, dass es auf der anderen Seite des Zahns einen Impuls gegeben hat.»
Sanierung 2019 könnte verantwortlich sein
Laut Bonten sei dieser Impuls ein Wasseraustritt gewesen. Gegenüber dem «Zahn» habe sich in der oberen Hälfte des Plexiglases ein Riss gebildet, aus dem Wasser ausgetreten sei. Das Aquarium destabilisierte sich und brach zusammen.
Eine eindeutige Ursache für diesen Impuls gibt es nicht. Bonten spekuliert, dass die Sanierung im Jahr 2019 dafür verantwortlich sein könnte. Bei den Arbeiten wurde der Mörtel entfernt und neu gegossen – laut dem Ingenieur könnte dabei ein Riss im Material entstanden sein. Ausserdem wurde für die Sanierung Wasser abgelassen, was zur Austrocknung des Acrylglases geführt haben könnte. Dies könnte die Rissbildung begünstigt haben.
«Als Fachmann sage ich, ich habe meine Arbeit getan – aber natürlich habe ich auch Emotionen und ich hätte auch gerne die eine Ursache gefunden», gesteht Bonten. Seiner Meinung nach könnte man heute wieder ein Aquarium bauen, doch das wird laut Union Investment nicht passieren. (gs)